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Meister vor dem Parkett:

10 bleibt 10, und 6 bleibt 6!

 

Das BMF will die Empfehlungen der Gutachter zur bAV noch im Februar offen legen. Erste Einzelheiten wurden gestern auf einer Tagung jedoch bereits bekannt. Und das BMF nahm weitere Klarstellungen vor. LbAV-Autor Manfred Brüss war dabei.

 

 

Die zuständigen Bundesministerien prüfen derzeit die gutachterlichen Empfehlungen zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung, ehe diese noch in diesem Monat der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Zum Abschluss der MCC-Konferenz Zukunftsmarkt Altersvorsorge gestern in Berlin standen erneut die Themen Haftungsrisiko, Sozialpartnerschaftsmodell Betriebsrente und die Deutschland-Rente im Fokus. Praktiker erwarten vor allem Planbarkeit und Stabilität in der bAV.

 

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF), Michael Meister (CDU), ging in seinem Vortrag auf der Tagung inhaltlich nicht auf die Ergebnisse des von seinem Ministerium bei Professor Dirk Kiesewetter (Universität Würzburg) in Auftrag gegebene Gutachten ein. Dieses werde derzeit in den Ressorts ausgewertet. Meister sagte aber eine Veröffentlichung noch in diesem Monat zu.

 

Entsprechend hielt sich auch Kiesewetter bedeckt; er ging allerdings auf einige Befunde ein, aus denen dann letztlich die Empfehlungen zur Stärkung der bAV bei Geringverdienern und Klein- und Mittelbetrieben (KMU) abgeleitet wurden.

 

Michael Meister (CDU), parlamentarischer Staatssekretaer im BMF, auf der MCC-Tagung am 17. Februar 2016 in Berlin. Foto: Bruess.
Michael Meister (CDU), parlamentarischer Staatssekretaer im BMF, auf der MCC-Tagung am 17. Februar 2016 in Berlin.
Foto: Bruess.

 

Meister beruhigte außerdem Praktiker, die Befürchtungen geäußert hatten, mit dem Sozialpartnermodell Betriebsrente könnten ihnen Regelungen aufgezwungen werden, die die bestehenden gut funktionierenden Altersversorgungsangebote gefährden könnten. Meister sagte, man habe auch die kritischen Reaktionen auf das Modell zur Kenntnis genommen. „Wir werden am Ende weder Arbeitgebern noch Arbeitnehmern etwas überstülpen.“

 

 

Deutschland 2016: Grenze ist Grenze!

 

Bezüglich der Wünschen der Praktiker nach Planbarkeit und Stabilität versuchte Meister ebenfalls zu beruhigen. Man wolle in „langfristigen Strecken“ denken sowie Planungssicherheit und Verlässlichkeit schaffen. Auf konkrete Wünsche nach Beseitigung von Doppelverbeitragungen und Verbreiterung des Dotierungsrahmens ging er allerdings nicht ein. Sicherlich könne man sehen, ob die unterschiedlichen Freigrenzen nicht vereinheitlicht werden können, aber die Freigrenzen müssten eben auch begrenzt bleiben. Es stehe jedem frei, über diese Grenzen hinaus für das Alter vorzusorgen.

 

Meister äußerte sich zuversichtlich, dass man sich in der Bundesregierung auf Maßnahmen zur Stärkung der bAV verständigen werde, die dann auch in absehbarer Zeit in einen entsprechenden Gesetzentwurf münden (Hans Ludwig Flecken, der auch für die bAV zuständige Abteilungsleiter im BMAS, hatte hier jüngst ein Aktivwerden der Bundesregierung noch vor der Sommerpause avisiert).

 

 

Der Hesse Meister würdigte dabei zwar die Vorschläge der schwarz-grünen hessischen Landesregierung zur Deutschland-Rente – insbesondere was eine Opting-out-Regelung angeht. Aus ordnungspolitischen Gründen stehe er aber einem staatlichen Vorsorgeprodukt skeptisch gegenüber. aba-Chef Heribert Karch kritisierte die „fraglichen Rahmenbedingungen“ der Deutschland-Rente.

 

 

Gutachter Kiesewetter: KMU mit eigener Buchführung bieten häufiger bAV an

 

Kiesewetter, in Würzburg Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und Betriebswissenschaftliche Steuerlehre, sagte, in den Fokus des Gutachtens habe man Kleinbetriebe (mit bis zu 50 Mitarbeitern) und mittelgroße Betriebe (bis zu 250 Mitarbeiter) gestellt. Zudem seien Geringverdiener (Verdienst bis zu 1.500 Euro im Monat, Verbreitungsgrad der bAV 17 Prozent) und zusätzlich Niedrigverdiener (Verdienst bis zu 2.500 Euro im Monat, 29 Prozent mit bAV) in den Blick genommen worden.

 

Die Ergebnisse der geführten persönlichen Gespräche seien zwar nicht repräsentativ, sie gäben aber gleichwohl ein klares Bild von der derzeitigen Lage. Wichtig sei gewesen, dem Gegenüber keine vorgefertigten Fragen und mögliche Antworten an die Hand zu geben. Bemerkenswert sei, dass Unternehmen mit eigenständiger Buchführung häufiger ein bAV-Angebot gemacht hätten als Betriebe mit ausgelagerter Buchführung. Deshalb habe man auch mit Steuerberatern das Gespräch gesucht. Diese dürften auch vor möglichen Haftungsrisiken in der bAV gewarnt haben. Ansonsten spielten Haftungsrisiken bei den KMU-Arbeitgebern keine große Rolle, so der Gutachter weiter.

 

 

Anspruch unbekannt

 

Generell sei bei Arbeitgebern wie auch auf Arbeitnehmerseite der Kenntnisstand über die bAV und die Motivation zum Aufbau von zusätzlicher Altersversorgung gering, sagte Kiesewetter. So wüssten viele Arbeitnehmer gar nicht, dass sie einen Anspruch auf Entgeltumwandlung hätten. Und auf Arbeitgeberseite herrsche Unkenntnis über die Möglichkeiten, in der bAV Arbeitgeberbeiträge zu sparen; andere wiederum hielten diesen Effekt wegen der geringen Betriebsgröße für vernachlässigbar.

 

Thematisiert werden sollte Kiesewetter zufolge unter anderem das Thema Freibeträge bei der Grundsicherung und Fragen der Portabilität, da viele der Gering- und Niedrigverdiener gebrochene Erwerbsbiographien hätten. Dabei sollten Provisionen nur auf laufende Beiträge erhoben werden können, um beim Arbeitsplatzwechsel nicht in eine neue Provisionsfalle zu laufen.

 

 

10 bleibt 10, und 6 bleibt 6

 

Am Rande: Wie gestern von LEITERbAV erwartet, haben die Bundestagsausschüsse für Recht und Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft und Energie den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Umsetzung des „Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ zwischenzeitlich abschließend beraten und unverändert beschlossen.

 

Meister erwähnte diesen Beschluss auf der Tagung nicht nur, sondern ergänzte, dass an den sechs Prozent des Paragrafen 6a EStG auf absehbare Zeit nicht gerüttelt werde.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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