Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Berlin: Diskussion auf Podium und Parkett

Zwei Richtlinien im Fokus

 

Gleich zu zwei EU-Richtlinien, die Auswirkungen auf die deutsche bAV haben, informierte am ersten Tag der 15. Handelsblatt-Tagung „Betriebliche Altersversorgung“ in Berlin die EU-Kommission – und setzte sich Diskussionen aus.

 

Heute hält die Europäische Kommission in Brüssel ihre Pensionskonferenz ab, und für den morgigen Donnerstag hat Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier zur Pressekonferenz eingeladen. Dann soll der Vorschlag für die Pensionsfonds-Richtlinie (IORP-RL-II) vorliegen. Doch bereits gestern stand diese auf dem Berliner Parkett ebenso zur kritischen Diskussion wie die Mobilitätsrichtlinie.

 

 

Mobilitäts-Richtlinie kommt nach langem Anlauf – Vision ab 2021

 

Bereits vor fast zehn Jahren sollte die damals sogenannte „Portabilitäts-Richtlinie“ für Arbeitnehmer den Schutz in der bAV massiv ausweiten. Das scheiterte seinerzeit vor allem am Veto Deutschlands und der Niederlande. Nun ist das Kind in „Mobilitäts-Richtlinie“ umbenannt und wird zur Welt kommen. „Anfang April wird das EU-Parlament die Richtlinie beschließen“, umriss Ralf Jacob auf der Handelsblatt-Tagung die aktuelle Lage. „Bis Mai 2018 müsste sie dann auch in Deutschland umgesetzt sein“, so der Leiter des Referats Sozialschutz bei der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration (Andor) der EU-Kommission.

 

Neue Rechtsgrundlage sei vor allem Artikel 46 der Richtlinie. Unverfallbarkeitsfristen und Wartezeiten dürfen dann zusammen nicht mehr als drei Jahre ausmachen – eine Vision für Deutschland ab 2021, wie Peter Görgen, Referatsleiter „Zusätzliche Altersvorsorge“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), ergänzte. „Dazu gibt es im BMAS aber nur allererste Überlegungen“, so der Beamte. Da die Richtlinie nur für grenzüberschreitende Fälle, nicht für geschlossene bAV-Systeme und nicht für die Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung sowie nur für Beschäftigungszeiten nach Umsetzung der Richtlinie gilt, sind maximal drei Prozent der Arbeitnehmer in der EU betroffen. Insgesamt „ist aber genug Stoff für ein Betriebsrenten-Änderungsgesetz in Deutschland durch die RL gegeben“, so Görgen.

 

 

Pensionsfondsrichtlinie für mehr Effizienz, Transparenz und Wettbewerb?

 

Eher unscheinbar kam kam zunächst der Vortrag zum „EU-Richtlinienentwurf zum Ausbau von Governance und Transparenz in der Altersversorgung“ von Klaus Wiedner auf der Handelsblatt-Tagung daher. Naturgemäß verwies der Leiter des Referats H 5 „Versicherungen und Renten“ bei der Generaldirektion Binnenmarkt (Barnier) der EU-Kommission auf die bevorstehende Verabschiedung der Pensionsfondsrichtlinie am Donnerstag in Brüssel. Für Deutschland seien die Änderungen nicht so gravierend, da die deutsche Finanzaufsicht bereits 2009 Mindeststandards zur Risikoabsicherung umgesetzt habe. „Die Richtlinie bringt definitiv keine Regeln zu Solvency“, so Wiedner. Im Kern soll die „Unternehmenssteuerung unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit professionalisiert werden“. Fazit: Ziel seien mehr Effizienz, Transparenz und Wettbewerb, aber weniger Kosten.

 

 

Klaus Wiedner auf der 15. HB-bAV-Tagung am 25. März 2014 in Berlin. Foto: Euroforum/ D. Gust
Klaus Wiedner auf der 15. HB-bAV-Tagung am 25. März 2014 in Berlin.
Foto: Euroforum/ D. Gust

 

 

Ein Stoß ins Herz deutscher EbAV“

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion prallten die Vorschläge auf die Realwirtschaft in Gestalt zweier EbAV-Praktiker. Nach wie vor bergen die EU-Ziele zur Regulierung Sprengstoff für die gewachsenen Systeme insbesondere in Deutschland, Großbritannien, Irland, Niederlande und Belgien, warnte Withold Galinat, Vice President Benefits Policies der BASF SE.

 

Bernhard Wiesner, Abteilungsdirektor bAV der Robert Bosch GmbH und Chef des Bosch-Pensionsfonds, blieb ebenfalls kritisch. „Die erste Pensionsfondsrichtlinie hat keine messbaren Fortschritte gebracht, und die jetzige zweite Richtlinie droht eher Belastungen zu bringen, durch die mehr Effizienz verhindert wird“, erklärte Wiesner. „Jede Umsetzung von EU-Richtlinien hat bisher immer eine Paragrafenhäufung und mehr Bürokratie gebracht“, blickt Wiesner gleichzeitig zurück und nach vorn. Wenn die Richtlinie so kommt wie befürchtet, wäre dies „ein Stoß ins Herz deutscher EbAV“, so Boschs Pensionschef weiter.

 

Die EU-Funktionäre Klaus Wiedner und Ralf Jacob konnten dem nichts Substantielles entgegensetzen. Auch aus dem Publikum wurde Kritik daran laut, dass die EU offenbar die bAV als „Finanzprodukt“ ansieht, das individuell und mit Profit kalkuliert werde. Tatsächlich gehe es aber um eine Sozialleistung, die kollektiv angelegt und in ihrem Ursprung (Pensionskassen, Versorgungswerke, Unternehmenspensionsfonds) nicht auf Profit ausgelegt ist. Im Zweifel zwinge man deutsche Unternehmer, erfolgreiche bAV-Systeme zu schließen. „Zumindest werden Arbeitnehmer in Richtung Barvergütung gedrängt, weil Arbeitgeber sagen: 'Kauf Dir die Altersvorsorge doch selbst'“, fürchtet BASF-Mann Galinat. Jetzt schauen alle Marktteilnehmer gebannt nach Brüssel, was am Donnerstag tatsächlich im Entwurf der Pensionsfondsrichtlinie stehen wird.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.