Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Auftaktveranstaltung 2018 der Pensions-Akademie:

Zum Glück keine Ruhe für die bAV

Nahezu 100 bAV-Experten tauschten sich bei der der Jahresauftaktveranstaltung „betriebliche Altersversorgung“ 2018 der Pensions-Akademie am 7. Februar 2018 in Frankfurt aus. Es ging um das Sozialpartnermodell ante portas – und mehr. Frank Vogel war dabei.

 

 

Bei der Veranstaltung stand neben Digitalisierung und Europa natürlich auch das Betriebsrentenstärkungsgesetz im Mittelpunkt. Das Thema hat das Parkett die letzten Jahre auf vielen Veranstaltungen begleitet. Die theoretische Auseinandersetzung ist aber nun vorbei, und die Umsetzung in die/der Praxis muss folgen. Auch hier gibt es wieder regen Diskussionsbedarf und zarte Versuche mit vorausschauender Planung.

 

 

Die Deutschen hängen nicht an Garantien

 

Das BRSG, in das die Bundesregierung hohe Erwartungen setzt, führt unter anderem ein kostengünstiges Sozialpartnermodell ein und schafft die üblichen Garantien auf Betriebsrenten ab.

 

Heribert Karch, MetallRente…

Die Abschaffung solcher Garantien dürfte für deutsche Arbeitnehmer nicht generell ein Problem sein, erläuterte Heribert Karch auf der Tagung. „Wir hören immer, dass die Deutschen auf ihre Garantien nicht verzichten wollen. Allerdings zeigt eine neue Umfrage, dass 63 Prozent der Arbeitnehmer eine Betriebsrente auch ohne Zins-Garantie akzeptieren würden, sofern sie eine höhere Rente erwarten können“, so der Geschäftsführer der MetallRente, in Personalunion Chef der aba. Karch hat zudem die Möglichkeit des „Opting-Out-Modells“ noch einmal hervorgehoben und ausdrücklich begrüßt.

 

 

Umsetzung nicht vor 2020

 

Das BRSG sieht allerdings vor, dass die Abschlüsse ohne Garantie zunächst von den Sozialpartnern hierzulande ausgehandelt werden sollen. Bei der Fachtagungspodiumsdiskussion schätzte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, dass derartige Verhandlungen nicht vor 2019 zu erwarten seien. Im Jahr danach könnten dann mögliche Ergebnisse umgesetzt werden, so Dick weiter. Solange müssen also Unternehmen warten, falls sie sich für die neuen Betriebsrenten unter dem BRSG interessieren. Gegenüber LEITERbAV hat Dick zwischenzeitlich mit Verweis auf den Gewerkschaftstag der IG Metall im Herbst 2019 erklärt, dass die Gewerkschaft bis zu diesem Termin vermutlich „wohl was ausgehandelt haben“ will“. Dabei könne ein erstes SPM herauskommen, aber auch etwas anderes in Sachen bAV.

 

 

Jugend ist interessiert – Beratungsbedarf steigt

 

…Henriette Meissner, Stuttgarter…

Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management und Vorstand aba, sagte in der Podiumsdiskussion auf der Tagung, dass gerade bei nicht-tarifgebundenen Unternehmen der Beratungsbedarf in Sachen BRSG sehr hoch sei. Marcus Müller, Pensionsexperte bei Covestro Deutschland, drückte seine Hoffnung aus, dass das BRSG die Versorgungslücken außerhalb der Branchen wie Chemie oder Metall schließen werde. In der Chemie-Branche beispielsweise sei eine bAV-Durchdringung von 90 Prozent bereits erreicht worden. Sabine Peters, Vorstandssprecherin der Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz, hat ferner ein wachsendes Interesse an der bAV bei der jüngeren Generation festgestellt. Dies dürfte zu einer höheren bAV-Durchdringung beitragen, meinte sie.

 

 

Transparenz durch Digitalisierung

 

Einig sind sich alle: Die bAV muss weiter gefördert werden, und das BRSG hat dazu beigetragen, dass dieses Thema auch bei jungen Arbeitnehmern zunehmend diskutiert wird. So freut sich Klaus Morgenstern vom Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) zu hören, dass heute bereits Azubis verstärkt nachfragen, wie sie in der der Zukunft abgesichert werden könnte. Nach seiner Meinung würde dies noch zusätzlich gefördert, wenn Transparenz durch Digitalisierung geschaffen würde. So präsentierten das DIA und das Berliner Start-up Unternehmen fairr.de Onlinekonten, auf denen Arbeitnehmer ihre gesamten Vorsorgeansprüche – also gesetzlich, betrieblich und privat – bündeln und verfolgen können.

 

Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag, begrüßte die Ausweitung der digitalen Angebote. „Solche verbraucherfreundlichen und transparenten Plattformen würden die Attraktivität der Altersvorsorge erhöhen“, so Vogel auf der Tagung.

 

 

EIOPA fordert Transparenz und Governance

 

…und Manuela Zweimüller, EIOPA, auf der Tagung Pension-Akademie.

Manuela Zweimüller, Leiterin der Abteilung Policy der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA, hielt einen Vortrag über die neue EU-Pensionsfonds-Richtlinie IORP II. Diese enthält eine Reihe von Maßnahmen, die das Pensionsfondsmanagement verbessern und transparenter machen sollen. So müssen „erfahrene und objektive“ Personen zentrale Aufgaben wie Risikomanagement und Versicherungsmathematik übernehmen. Auch kleinere Pensionseinrichtungen müssen regelmäßige Risikobewertungen vornehmen. Auf Nachfrage räumte Zweimüller ein, dass die Richtlinie zunächst einmal mehr Aufwand für die Einrichtungen bedeuten würde. „Aber nach dieser Anfangsphase gehe ich davon aus, dass es für alle Beteiligten einfacher sein wird“, sagte sie. „Diese Maßnahmen dienen dazu, ein hohes Maß an Schutz und Sicherheit für Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger betrieblicher Altersversorgungssysteme zu gewährleisten.“

 

 

Versorgungslücke schließen – andere Länder habe es vorgemacht

 

Auch Dänen und Niederländer kamen bei der Fachtagung zu Wort. Ein Blick über den Tellerrand zu unseren Nachbarländern lohnt. So haben die scheinbar nie abgeschlossenen Reformen in Dänemark bereits heute zu einem monatlichen Rentenanspruch von 2.003 Euro für einen 65-jährigen Arbeitnehmer geführt. Das ist nahezu das Doppelte von dem, was ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer zu erwarten hat. Ein Kernelement ist hierbei das Obligatorium bei den Betriebsrenten.

 

Bereits seit 1952 sind Betriebsrenten in einem weiteren Nachbarland quasi-obligatorisch: den Niederlanden. Das Land punktet darüber hinaus mit Vorteilen wie der steuerlichen Absetzbarkeit von Betriebsrenten, den niedrigen Kosten durch das dortige „Sozialpartnermodell“ sowie der Portabilität von Rentenansprüchen.

 

 

Fazit der Veranstaltung

 

Die deutsche bAV kommt auch im Jahr 2018 nicht zur Ruhe – zum Glück. Die nahezu 100 Experten bei der Jahresauftaktveranstaltung der Pensions-Akademie sind sich einig, dass in diesem Jahr die richtigen Impulse gesetzt werden können und dass wir einer positiven Entwicklung der bAV entgegensteuern. Wir sollten uns nicht „entschleunigen“ lassen, liegt doch die praktische Umsetzung in 2019/2020 nur scheinbar in weiter Ferne.

 

Impressionen der Fachtagung finden Sie in der Fotogalerie.

 

 

Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Pensions-Akademie e.V. und Vorsitzender der Geschäftsleitung KAS BANK N.V. – German Branch. Von ihm und anderen Autoren der der CACEIS bzw. KAS BANK erschienen zwischenzeitlich bereits auf LEITERbAV:

 

Die Nachbarn sind weiter – Administrations-Alpha durch Kostentransparenz bei der bAV

26. August 2015

 

Trends im niederländischen Pensionswesen als Impulsgeber: Was haben sie?

26. Januar 2016

 

Kollektiv, aber ohne Garantie

13. Oktober 2016

 

Da klingeln bei mir die Alarmglocken“

22. September 2017

 

Zum Glück keine Ruhe für die bAV

16. Februar 2018

 

Kostentransparenz als integraler Bestandteil der Governance – Was bringt sie wem?

11. April 2018

 

Zwischenbilanz und Ausblick: Wer wird wie vom BRSG profitieren?

4. Juli 2018

 

Im Spannungsfeld zwischen PEPP und Praxis

25. September 2018

 

Vor welchen Perspektiven steht die bAV?

26. März 2019

 

Diamond Star Award 4.0

20. Mai 2019

 

Das Index Custody – passives Investment, neu definiert

30. Juli 2019

 

Warum nicht einfach mal kurz Bilanz ziehen?

1. Juli 2020

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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