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21. April in Erfurt (II):

Und ewig grüßt der 16er…

 

Das Bundesarbeitsgericht hat sich erneut mit der Anpassungsprüfungspflicht der Arbeitgeber befassen müssen. Es geht um die wirtschaftliche Lage des Versorgungschuldners und einen möglichen Berechnungsdurchgriff.

 

Leiter-bAV.de hatte es im März bereits angekündigt: Der Paragraf 16 BetrAVG musste erneut vor das höchste Arbeitsgericht, und zwar in Sachen Aussetzung einer Anpassung infolge wirtschaftlicher Lage bei Vorliegen einer konzerninternen Verrechnungspreisabrede.

 

Der Dritte Senat hat in der Sache – 3 AZR 729/13 – nun am 21. April sein Urteil gefällt – und schließt sich darin den Vorinstanzen an. Das BAG schreibt:

 

Der Kläger bezieht seit dem 1. August 2008 von der Beklagten eine Betriebsrente. Die Beklagte ist in einen Konzern eingebunden; sie erbringt Dienstleistungen sowohl für externe Kunden als auch für andere Konzerngesellschaften und nimmt Verwaltungsaufgaben für ihre Muttergesellschaft wahr. Zwischen der Beklagten und einer Schwestergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden besteht ein sog. „Intercompany Trading Agreement“ (im Folgenden: AGITA). Dieses enthält eine Formel zur Berechnung der Vergütung für die konzerninternen Leistungen.

 

Dienstsitz des BAG in Erfurt. Bild: BAG
Dienstsitz des BAG in Erfurt. Bild: BAG

 

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Anpassung seiner Betriebsrente gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zum 1. Januar 2011. Er ist der Auffassung, die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Anpassung nicht entgegen. Durch die im AGITA vereinbarte Berechnungsformel komme es zu einer konzerninternen Vorteilsverlagerung von der Beklagten auf die Muttergesellschaft. Deshalb sei die in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen der Beklagten ausgewiesene Ertragssituation für ihre wirtschaftliche Lage nicht aussagekräftig. Jedenfalls müsse sich die Beklagte die günstige wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaft bzw. der Konzernobergesellschaft im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen. Zum einen enthalte das AGITA eine harte Patronatserklärung; zum anderen könne die Beklagte aufgrund der im AGITA vereinbarten Berechnungsformel für die Vergütung der konzerninternen Leistungen von vornherein stets nur den im AGITA festgelegten und begrenzten Gewinn erzielen. Hierdurch würden Betriebsrentenanpassungen auf unabsehbare Zeit verhindert.

 

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte durfte zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 davon ausgehen, dass ihre wirtschaftliche Lage eine Anpassung nicht zuließ, da sie bis zum nächsten Anpassungsstichtag keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften würde. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG kommt es auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive wirtschaftliche Lage an, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären. Deshalb ist nicht von Belang, wie sich die wirtschaftliche Lage der Beklagten dargestellt hätte, wenn im AGITA eine andere Verrechnungspreisabrede vereinbart worden wäre. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage einer anderen Konzerngesellschaft lagen zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 nicht vor. Schadensersatzansprüche waren nicht Streitgegenstand.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. April 2015 – 3 AZR 729/13 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2013 – 4 Sa 112/12 -“

 

Schon vor einem Jahr hatte sich der Dritte Senat mit der Frage der Anpassungsaussetzung infolge wirtschaftlicher Lage zu befassen. Damals hatte die Commerzbank sich mit ihrer Auffassung durchgesetzt, wonach sie infolge ihrer Lage von einer Anhebung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2010 absehen durfte.

 

 

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