Der BGH hat sich mit der Zusatzversorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst zu beschäftigen, genaugenommen mit der Startgutschriftenregelung der VBL für rentenferne Versicherte, die erneut auf den Prüfstand kommt.
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich am heutigen 9. März mit dieser Frage zu befassen haben. In einer Mittteilung schreibt das Gericht über die Verfahren IV ZR 9/15 und IV ZR 168/15:
„Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung (VBLS) vom 22. November 2002 stellte die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) von einem an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgungssystem auf ein auf dem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem um.
Die neugefasste Satzung enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden als so genannte Startgutschriften den Versorgungskonten der Versicherten gutgeschrieben. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten war, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Grundsätzlich ist rentenfern, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, das betraf bei der Systemumstellung circa 1,7 Millionen Versicherte.
Mit Urteil vom 14. November 2007 (IV ZR 74/06) hatte der unter anderem für Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH die früheren Startgutschriften für rentenferne Versicherte wegen Verstoßes der zugrunde liegenden Übergangsregelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG für unverbindlich erklärt und insbesondere eine gleichheitswidrige Benachteiligung von Beschäftigten mit langen Ausbildungszeiten beanstandet (das seinerzeitige Urteil findet sich hier).
Daraufhin einigten sich die Tarifvertragsparteien in einem Änderungstarifvertrag vom 30. Mai 2011 darauf, die bisherige Regelung zur Ermittlung der Startgutschriften im Grundsatz beizubehalten, jedoch durch eine Vergleichsberechnung zu ergänzen, welche unter näher geregelten Voraussetzungen zu einer Erhöhung der Startgutschrift rentenferner Versicherter führen kann. Die Beklagte übernahm diese tarifvertraglichen Vorgaben in § 79 Abs. 1a ihrer Satzung.
Auch die Wirksamkeit dieser Neuregelung ist umstritten und mittlerweile Gegenstand zahlreicher gegen die VBL erhobener Klagen rentenferner Versicherter, welche weiterhin höhere Startgutschriften erstreben. Das OLG Karlsruhe ist zu dem Ergebnis gelangt, die den Klägern erteilten Startgutschriften legten deren Rentenanwartschaften weiterhin nicht verbindlich fest, weil auch die geänderte Satzungsregelung zur Ermittlung der Startgutschriften rentenferner Versicherter gegen den Gleichheitssatz verstoße.“
Die Vorinstanzen waren:
IV ZR 9/15
LG Karlsruhe – Urteil vom 21. März 2015 – 6 O 229/13
OLG Karlsruhe – Urteil vom 18. Dezember 2014 – 12 U 124/14
IV ZR 9/15
LG Karlsruhe – Urteil vom 20. Dezember 2013 – 6 O 41/13
OLG Karlsruhe – Urteil vom 10. März 2015 – 12 U 258/14