Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

IORPs und Cross-Border im europäischen Binnenmarkt (II):

Ringfenced – Artikel 4 RL 2003/41/EC

 

Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA hat letzte Woche wie im Vorjahr einen Bericht zur Entwicklung der grenzüberschreitenden bAV im Europäischen Wirtschaftsraum veröffentlicht. Grundlegende Details hat Leiter-bAV.de bereits berichtet. Heute geht es um das bAV-Geschäft der Assekuranz.

 

Der EIOPA-Bericht „2014 Report on Cross Border IORP Market Developments“ enthält nicht nur grundlegendes Zahlenmaterial zu den Größenordnungen der bAV im Europäischen Wirtschaftsraum (EU plus EFTA ohne die Schweiz), sondern geht partiell auch ins Detail. So beschäftigt sich der Report nicht zuletzt mit den realen Ausprägungen des Artikels 4 der gegenwärtigen Pensionsfondsrichtlinie 2003/41/EC, wonach Mitgliedsstaaten ihre Versicherer das bAV-Geschäft unter der Pensionsfondsrichtlinie betreiben lassen können, so dass diese damit dann nicht den Regularien der Versicherer unterliegen (Ringfencing).

 

Ganze 37 Einheiten

Von den insgesamt im EWR operierenden 110.164 IORPs (davon allerdings fast 107.000 allein in UK und Irland) sind ganze 37 versicherereigene Operations, die unter Art 4 der Pensionsfondsrichtlinie und damit ringefenced gemäß der EU-Regulierung des betrieblichen Pensionswesens betrieben werden. Die Assets dieser 37 Einheiten belaufen sich auf gut 195 Milliarden Euro (von insgesamt rund 3,075 Billionen Euro aller IORPs im EWR). Lediglich drei Staaten stellen diese 37 Versicherungseinheiten; und wenig überraschend ist hier Schweden das dominante Schwergewicht, ist doch die bAV im Norden fest in nationaler Versichererhand (und übrigens unter fast völliger Kontrolle der Tarifparteien). 30 dieser 37 nach Artikel 4 betriebenen Einheiten sitzen in Schweden, und auch deren Assets von rund 194 Milliarden Euro machen fast das gesamte Vermögen derartiger Assekuranz-Einrichtungen aus. In Frankreich mit vier Artikel-4-Einrichtungen (und übrigens laut Report keiner einzigen weiteren IORP) liegen nur 1,15 Milliarden Euro, in den drei slowenischen Einrichtungen nochmal 397 Millionen Euro.

 

Schweden vs. Deutschland – nicht zuletzt eine Frage der Definition

Bemerkenswert: Allein die erwähnten 30 Artikel-4-Einheiten des 9-Millionen-Volkes der Schweden bringen mit besagten 194 Milliarden Euro mehr auf die Waage als die 178 deutschen Pensionskassen und -fonds, die auf 179 Milliarden Euro kommen. Hinzu treten in Schweden noch 85 IORPs mit weiteren rund 35 Milliarden Euro, in Deutschland die (vom Bericht aus definitorischen Gründen nicht erfassten) CTAs, U-Kassen, öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Zusatzversorgungseinrichtungen und gegebenenfalls Rückstellungsfinanzierungen.

 

Fronkreisch, Fronkreisch…

Apropos Definitionen: Dass der Report für Frankreich nur die vier Artikel-4-Einheiten und kein einzige IORP ausweist, dürfte ebenso wie bei deutschen CTA & Co. auch an definitorischen und regulatorischen Fragen liegen. Staatsrente und Umlagefinanzierung werden in Gallien zwar tout grand geschrieben, doch dürfte es auch dort mehr Assets geben als die im Bericht genannten 1,15 Milliarden Euro, schließlich gibt es im nahezu unüberschaubar komplexen Vorsorgesystem des Landes eine ungeheure Vielfalt an diversen Kassen und Zusatzversorgungen. Gleichwohl sind die Zahlen des Reports ein Hinweis darauf, dass Altersvorsorge in Frankreich mit Masse staats-, umlage- oder versicherungsbasiert stattfindet, aber nicht mit IORPs wie man sie aus Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden kennt. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass mutmaßlich Frankreich der Mitgliedsstaat war (und ist), der sich für eine Anlehnung der Pensionsfondsrichtlinie an die Versicherungsregularien einsetztder Vorwurf, dass das Land dabei die Partikularinteressen seines Versicherungssektors im Auge habe, ist so alt wie die Diskussion um die Pensionsfondsrichtlinie selbst. Und man mache nicht den Fehler, zu glauben, dass dies vorbei sei, nur weil der gegenwärtige Entwurf die quantitativen Elemente ausgeklammert hat.

 

 

Der Bericht „2014 Report on Cross Border IORP Market Developments“ der EIOPA findet sich hier.

Die Berichterstattung auf Leiter-bAV.de zu dem Cross-Border-Bericht der EIOPA vom Sommer 2013 findet sich hier.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.