Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Paulgerd Kolvenbach:

Musik und Mathe

Zum Jahreswechsel haben einige Persönlichkeiten das Pensions-Parkett Richtung Ruhestand verlassen – zumindest vorläufig. Heute: Paulgerd Kolvenbach von Longial.

 

 

Vor 15 Jahren hatte Paulgerd Kolvenbach die Führung des zur Ergo-Gruppe gehörenden Pensionsberaters Longial übernommen. Nun ist er zum Jahreswechsel mit 63 Jahren in den Ruhestand getreten. Aus diesem Anlass sprach er mit LEITERbAV:

 

 

Herr Kolvenbach, derzeit wird in der deutschen bAV ein neues Kapitel aufgeschlagen, das die Möglichkeiten des betrieblichen Pensionswesens erheblich ausweiten wird. Etwas schwermütig, hier nicht mehr vorne mit dabei zu sein? Oder eher erleichtert?

 

kolvenbach-cut

Schwermütig, weil es nach wie vor sehr reizvoll ist, zukunftsorientierte bAV-Modelle neu zu gestalten und nicht nur an den vorhandenen herumzuschrauben. Erleichterung kommt bei dem Gedanken auf, welche Bretter noch zu bohren sind, bis das neue Kapitel mit Leben erfüllt sein wird – und dass ich nicht mehr bohren muss…

 

 

Wie ist denn Ihre Prognose zu der Reform? Wird sie greifen?

 

Die Reform ist notwendig, das ist gar keine Frage – schon allein, um dem gebetsmühlenartig wiederholten Vorwurf entgegen zu treten, die Verbreitung der bAV scheitere an den fehlenden beziehungsweise einschränkenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Greifen wird sie aber nur, wenn sich am Willen der Akteure etwas ändert, bAV wirklich haben zu wollen. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob dieser Wille derzeit vorhanden ist. Bei der Politik? Ja, sie hat die gesetzliche Rente beschnitten (sinnvoller- und notwendigerweise) und dabei auf die Ergänzungs- respektive Ersatzwirkung der privat(wirtschaftlich)en Vorsorge gesetzt und mit den bisherigen und der jetzigen Reform eine Menge Hausaufgaben gemacht.

 

 

Aber?

 

Wie das dazu führen soll, dem typischen deutschen Mittelstand, das heißt dem Kleinunternehmer mit seiner Handvoll Mitarbeiter, klarzumachen dass zu einer vernünftigen Vergütungsregelung auch der Beitrag für eine Altersversorgung gehört, erschließt sich mir noch nicht ganz. Ich sehe die Gefahr, dass die Übergabe des Themas „sozialpartnerschaftliche Altersversorgung“ an die Tarifparteien zunächst einmal einen sehr langen Anlauf braucht, bis mal das erste Produkt entstanden ist, und es dann als Bevormundung empfunden werden könnte, wenn dieses Produkt auf welche Weise auch immer für die gesamte Branche zur Vorgabe gemacht würde. Das gilt im Übrigen für Arbeitgeber genauso wie für Arbeitnehmer, tarifgebunden oder nicht. Heute zeigen die, die es nicht machen wollen, mit dem Finger auf den Gesetzgeber, und dann werden sie sich möglicherweise über die Zwangsjacke beklagen, die ihnen durch ihre Branche angezogen wird.

 

 

Sie haben die Reform mal als „Ei, das der Gesetzgeber den bAV-Stakeholdern ins Nest gelegt hat“, bezeichnet.

 

Auf jeden Fall wird es meiner Auffassung nach einige Zeit, einen langen Atem und sehr viel Idealismus einiger Protagonisten brauchen, bis sich durch faktisches Tun und gute Ergebnisse der neuen Einrichtungen die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bAV Nutzen stiftet und es ohne sie nicht geht. Dazu helfen natürlich die Elemente der jetzigen Reform: Förderung von Geringverdienern, Opting-out-Modelle, Ermöglichung reiner Beitragszusagen. Es wäre gut, wenn diese Instrumentarien, soweit es eben vertretbar ist, aus dem Elfenbeinturm der Tarifparteien gelöst und in die Hände von Betriebsparteien gegeben werden könnten, damit mehr Bewegung in die Sache kommt.

 

 

Und Sie selbst, machen Sie den harten Cut, oder werden wir Sie auf dem Parkett hier und da wiedersehen?

 

Parkett zu betreten finde ich grundsätzlich sehr angenehm, insbesondere eines, auf dem man sich schon mal wohl gefühlt hat. Die Altersvorsorge generell und die bAV im Besonderen bleibt ein gern und heiß diskutiertes Thema, auf Branchentreffs und medial. Das Interesse dafür schalte ich nicht ab.

 

 

Der aus dem rheinischen Zülpich stammende Kolvenbach, promovierter Mathematiker und Aktuar, betreute mit der Düsseldorfer Longial zahlreiche Klienten von der Ein-Mann-GmbH über berufsständische und betriebliche Versorgungswerke bis hin zu Großunternehmen.

 

Im Rahmen der Nachfolge Kolvenbachs (der wie viele Mathematiker Musik sein Hobby nennt) ist Michael Hoppstädter in die Geschäftsführung der Longial berufen worden. Der 48-jährige Aachener, gelernter Versicherungskaufmann und Betriebswirt für bAV (FH), ist seit 2014 als Leiter Consulting bei dem Berater.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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