Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Joanne Segars zu Kapitalmarktunion, IORP-II und HBS:

„In jeder Ecke der EU“

 

Gestern in Brüssel: Der europäische bAV-Verband PensionsEurope hält seine große 2015er-Konferenz „Pensions and the new start for Europe: Growth and prosperity for all“ ab. In ihrer Eingangsrede geht die Verbandsvorsitzende Joanne Segars auf die Europäische Kommission zu – und auf Distanz zu EIOPA.

 

 

Segars, im Zivilleben Vorsitzende der National Association of Pension Funds (NAPF, dem britischen Pendant zur deutschen aba), sprach in ihrer Rede in Brüssel mehrere der gegenwärtigen europäischen Baustellen an. Leiter-bAV.de dokumentiert Auszüge:

 

 

Zur Kapitalmarktunion:

 

Einrichtungen der bAV sind in Europa als Investoren allgegenwärtig. Daher, so Segars, könnten sie im Sinne der Vorstellungen der Europäischen Kommission von einer Kapitalmarktunion durchaus eine relevante Rolle spielen:

 

Joanne Segars, Chief Executive NAPF und Chair PensionsEurope.
Joanne Segars, Chief Executive NAPF und Chair PensionsEurope.

Our members are invested in every corner of the EU, which is why we strongly support the Commission’s vision of a Capital Markets Union. Restoring the investment in the European economy that has been missing in recent years is vital to overcoming the crisis, and to kick-start jobs and growth.”

 

Das Kampfgewicht, die ehrgeizigen Wachstumspläne der Kommission zu unterstützen, habe man jedenfalls:

 

PensionsEurope’s members, who provide workplace pensions for some 62 million European citizens and own approximately 3.5 trillion Euro of assets, have a big role to play in delivering this ambitious agenda”.

 

Der beste Weg, die Märkte im Sinne der Kapitalmarktunion zu verbessern, sei es dabei laut Segars, mehr Kapital bereit zu stellen, und hierzu wiederum sei der beste Weg, schlicht die Anzahl der Vorsorgesparer zu erhöhen. Jedoch sei der Fokus der hier politisch Verantwortlichen zu verengt, und die Zeit dränge:

 

Even today, 60 per cent of EU citizens have no access to workplace pensions, which is a pressing problem with the EU’s rapidly aging population. Efforts must be made to help these people to save more via a workplace pension, but sadly we see too little focus on this from EU policymakers, and this is something that must change – and quickly.”

 

Zur Kapitalmarktunion selbst siehe Einzelheiten hier.

 

 

Zur Pensionsfondsrichtlinie und dem Holistischen Bilanzansatz:

 

Erst mal – wie in angelsächsischer Diskussionskultur üblich – Zustimmung und Respekt äußern; das galt gestern auch in Brüssel, und hierzu musste die neue Pensionsfondsrichtlinie herhalten: Segars betonte, dass PensionsEurope die der IORP II-Directive zugrundeliegende Absicht, „to achieve a secure, sustainable and adequate pension system for Europe, with high standards of governance and communications at its heart“, unterstütze.

 

Der Entwurf des Ministerrats enthalte „some welcome simplifications, with more flexibility for implementation in line with national pensions systems.“

 

Dementsprechend der Aufruf auch an das EP:

 

PensionsEurope would encourage Parliament to take a similar approach and to consider some other modifications to ensure the approach is proportionate”.

 

Weniger britisch-konziliant jedoch der Ton in Sachen HBS. Die Kritik richtet sich dabei gegen den ebenso eigenwilligen wie -mächtigen Antreiber:

 

It is of great concern that EIOPA is continuing work on a Holistic Balance Sheet on its own initiative“

 

Es gehe schließlich ums Ganze, und zwar für alle relevant Beteiligten:

 

Our views have been very clear: The Holistic Balance Sheet will be disastrous for IORPs, employers, pension fund members and beneficiaries, as well as the overall European economy and the goal of the Capital Markets Union.”

 

Damit sei der HBS auch kontraproduktiv zu den Absichten des übergeordneten europäischen Players in der Sache:

 

The Holistic Balance Sheet flies in the face of everything else the Commission is trying to achieve – namely growth in economies and jobs, and to encourage investment in the real economy.“

 

Das gilt nicht zuletzt durch die Lenkungswirkungen des HBS in Sachen Asset Management:

 

The Holistic Balance Sheet would force pension funds to move even further into low-risk asset classes such as government bonds – at the expense of investment in equities and other growth generating assets.”

 

Summa summarum sei der HBS „not the relevant tool to support existing workplace pension schemes and increase workplace pension coverage throughout Europe”.

 

 

EIOPA Pensions Stress Test:

 

Wenig überraschend auch Segars' Kritik am laufenden Stresstest:

 

EIOPA continues to pursue with its stress test, despite the fact that it has yet to make a compelling case for the need for stronger solvency rules, or how they would contribute to stronger pensions across Europe. There are more pressing priorities for Europe”.

 

Herausforderungen gebe es schließlich genug, und hier werde man sich weiter einbringen:

 

In response to demographic trends and the financial crisis, the European Commission and EIOPA have never been more active in the field of pensions, with a programme for action covering scheme solvency and governance, investment and much more. That is why it is important to keep engaging with the European Institutions to have our voice heard in the debate. PensionsEurope is at the centre of these conversations to secure the best outcome for workplace pensions, sponsors and the members and beneficiaries.“

 

 

 

Anmerkung der Redaktion: Der Autor des Beitrags hatte geplant, von London aus nach Brüssel zu reisen, um dort der Konferenz persönlich beiwohnen und aus erster Hand berichten zu können. Streiks und Zwischenfälle auf französischer Kanalseite zwangen den genutzten Eurostar-Zug von London nach Brüssel jedoch zur Umkehr, so dass dem Autor eine Teilnahme nicht möglich war. Die Aussagen Segars' entstammen daher ihrem Redemanuskript. Wir bitten um Verständnis.

 

 

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