Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

EIOPA legt Financial Stability Report vor (IV):

Hausgemacht und wohlbekannt

 

Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA hat Ende Dezember ihren turnusgemäßen „Financial Stability Report“ vorgelegt, in dem auch der „European Pension Fund Sector“ analysiert wird. Die Lage zwingt die Behörde weiter zur Janusköpfigkeit.

 

Ende Dezember 2014 hatte Leiter-bAV.de berichtet, dass die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA im November und Dezember 2014 eine Aktivität an den Tag gelegt hat, die das übliche, an sich schon nicht zurückhaltende Maß weit übertrifft.

 

Einige der das betriebliche Pensionswesen betreffenden EIOPA-Vorstöße wurden und werden in diesen Tagen auf Leiter-bAV.de dokumentiert. Heute: Der „Financial Stability Report December 2014“.

 

Die Behörde gliedert ihren Report, der den gesamten EWR betrifft, in fünf Kapitel:

 

– Key macro-prudential risk developments

– The European insurance sector

– The global reinsurance sector

– The European pension fund sector

– Risk assessment

 

Dabei identifiziert sie in dem allgemeinen Teil des ersten Kapitels wie auch schon in der Vergangenheit drei übergeordnete Schlüssel-Risiken:

 

Looking ahead, the key risks and vulnerabilities for the insurance companies and occupational pension funds continue to be seen: the weak macroeconomic environment, a continuation of the low yield environment and credit risk.“

 

Das kommt dem aufmerksamen Leser bekannt vor. Vor einem Jahr sprach die Behörde von „low yield environment, the weak macro-economic climate and credit risk from exposure to sovereigns and financial institutions.“

 

Und im Mai 2014 hatte es nahezu wortgleich geheißen:

 

…the key risks and vulnerabilities for the insurance companies and occupational pension funds remain: the vulnerable macroeconomic climate, the low yield environment and credit risks arising from the exposure to sovereigns and financial institutions.

 

Etwas andere Schwerpunkte, etwas andere Terminologie – all das ist nicht überraschend, ist es doch nur Ausfluss der Symptomatik, dass Europa bei der Bewältigung der Krise auf der Stelle tritt. Doch reicht die Problematik weiter. Die Behörde muss nicht nur die immer gleichen – im Wesentlichen politisch hausgemachten – Risiken darstellen, sondern dabei auch janusköpfig berichten. So heißt es gleich in der Executive Summary des Berichts:

 

… downside risks have increased. This is driven by a contradictory market view given remaining macroeconomic imbalances indicating some asset price misalignments caused by excessive liquidity supported by accommodative monetary policies. A potential risk premia reassessment would have a substantial impact on insurance and occupational pension sectors via decreasing asset values.“

 

Die Behörde muss also die liquiditäts- und niedrigzinsgetriebene Asset Inflation im gleichen Atemzug adressieren wie die Gefahr des Werteverfalls bei einer Neubewertung des Ausfallrisikos (respektive im Falle eines Zinsanstiegs). Jedoch besteht auch die Gefahr, dass alles weitergeht wie bisher:

 

Increasing deflationary risk in the euro area supports the persistency of the low yield environment.“

 

So so. Das vielbemühte Deflationsrisiko also, während man im Absatz zuvor noch die „asset price misalignments caused by excessive liquidity“ ansprechen musste.

 

Mehr Janusköpfigkeit geht kaum, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die widersprüchlichen Schlüsselrisiken für die europäische Versicherer-, Rückversicherer- und IORP-Landschaft, die deren europäische Aufsichtsbehörde hier anspricht, in erster Linie von einer anderen europäischen Behörde, nämlich der EZB, unter ständig abstruseren Begründungen mit ständig abstruseren Maßnahmen aufgetürmt worden sind und weiter aufgetürmt werden.

 

An einer Stelle traut sich die Behörde immerhin etwas aus der Deckung und spricht konkret das wohl kommende QE an:

 

Subdued economic growth in Europe resulting in low inflation drives continuous expectations of quantitative easing. This supports a strong investor appetite that is depressing yields and volatility across a range of asset markets and contrasts with incomplete fiscal adjustment, persistently large fiscal deficit and high public sector indebtedness in many European countries.“

 

Folglich bleibt ebenso, wie man bei der Krise auf der Stelle tritt, weiterhin gültig, was LbAV schon zu dem EIOPA-Report vor einem Jahr geschrieben hat:

 

Es sei daran erinnert, dass alle drei von EIOPA genannten Kernrisiken politisch hausgemacht sind: Die Ursache des Niedrigzinses bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Doch hat die Geldschwemme praktisch aller westlichen Notenbanken und über praktisch alle Kanäle schließlich auch Wirkungen auf die Realwirtschaft: Marode Industrieunternehmen und Banken, die längst hätten das Zeitliche segnen müssen, können sich zu aberwitzig niedrigen Kosten refinanzieren – leicht abzulesen an den geringen Returns der Corporates selbst sanierungsreifer Emittenten. Wer aber Krisen unterbindet – und die damit einhergehenden Bereinigungen der Realwirtschaft – der schafft ein Klima des nachhaltig niedrigen Wirtschaftswachstums. Und auch die Ansteckungs- und Downgrade-Gefahren bei Staats- und Bankanleihen sind Folge einer Krise, die erstens durch zu viel billiges Geld entstanden ist und zweitens seit einem halben Jahrzehnt durch noch mehr billiges Geld kuriert werden soll. Hinzu tritt die den offiziellen Inflationsstatistiken der Verbraucherpreise diametral entgegenstehende, längst grassierende Asset Inflation, die EbAV täglich die Frage der Wiederanlage schwerer beantworten lässt – sei es bei Aktien, Corporates, Real Estate oder Govies.“

 

Soviel zu der allgemeinen Problematik. Die Auswertung des Kapitels zum betrieblichen Pensionswesen findet sich hier.

 

 

Anmerkung: Leiter-bAV.de beobachtet seit Jahr und Tag intensiv die EIOPA und verlinkt dabei regelmäßig und in sehr großer Zahl auf die entsprechenden EIOPA-Dokumente. Nachdem die Behörde nun jüngst ihren Internetauftritt überarbeitet hat, scheinen die Links sämtlich b.a.W. nicht mehr gültig zu sein. Will man Zugriff auf die alten Dokumente haben, bleibt daher zumindest derzeit im Wesentlichen nur das manuelle Durchforsten der EIOPA-Rubriken oder die (nicht immer suffiziente) manuelle Suche (den Erfahrungen der LbAV-Redaktion nach ist die Suche über Google dabei übrigens erfolgversprechender und zielführender als über die Suchfunktion auf der neuen EIOPA-Homepage). Wir bitten um Verständnis.

 

IN EIGENER SACHE:

Im März geht das neue Feature SPEZIALISTEN auf Leiter-bAV.de online (siehe senkrechtes Menü links). Wenn auch Sie Dienstleistungen der bAV erbringen und Ihr Haus in dem Menü platzieren wollen (Stand heute gibt es bereits 37 Einträge), schreiben Sie an: Redaktion@LbAV.de

 

 

Derzeit aktuell auf pensions.industries hrservices

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.