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SONDERMELDUNG – Heute in Berlin 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV (I):

Gutachten weiterhin nicht öffentlich

 

Heute in Berlin, City-West, 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV. Das Programm ließ darauf schließen, dass das Parkett – endlich – mehr zu den beiden offenen Gutachten von BMAS und BMF erfährt. Doch es kam anders. Fast.

 

 

Gleich morgens Spannung, als die beiden ersten Referenten nacheinander an das Pult treten: Yasmin Fahimi (SPD), beamtete Staatssekretärin im BMAS, und Michael Meister, parlamentarischer Staatssekretär im BMF.

 

Von beiden – besonders von Meister – erwartete das Parkett nun die ersten öffentlichen Erkenntnisse aus den beiden bereits fertiggestellten Gutachten der Bundesregierung, als da wären „Optimierung der steuerrechtlichen bAV-Förderung“ von Professor Dirk Kiesewetter im Auftrag des BMF sowie das Gutachten zum Sozialpartnermodell von Professor Peter Hanau und Marco Arteaga von DLA Piper im Auftrag BMAS.

 

 

Yasmin Fahimi auf der 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV am 5. April in Berlin. Foto: Dietmar Gust / Euroforum.
Yasmin Fahimi auf der 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV am 5. April in Berlin.
Foto: Dietmar Gust / Euroforum.

 

Doch zweimal Fehlanzeige – weder gaben Fahimi und Meister einen Einblick in wesentliche Ergebnisse der Gutachten, noch teilten sie nachvollziehbar mit, warum sie dies nicht tun. Lediglich auf das erste Halbjahr 2016 schränkten sie den Zeitraum ein, in dem die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen (Meister fiel darüber hinaus übrigens mit der Aussage auf, dass der Niedrigzins maßgeblich nicht auf die EZB und ihre Maßnahmen, sondern auf die Marktfindung zurückzuführen sei. Wie er angesichts von Null Prozent Hauptrefinanzierungssatz und negativer Einlagenfazilität, 1-Billionen-Bazooka, 80 Milliarden QE-Käufen von Govies und Corporates pro Monat, 500-Milliarden-schwerem ANFA-Aufkäufen et cetera auf so etwas kommt, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar).

 

Michael Meister auf der 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV am 5. April in Berlin. Foto: Dietmar Gust / Euroforum.
Michael Meister auf der 17. Handelsblatt Jahrestagung bAV am 5. April in Berlin.
Foto: Dietmar Gust / Euroforum.

 

 

Jedoch: Ein paar Informationen zu den Gutachten gab es gleichwohl, namentlich zu dem BMAS-Gutachten des Marco Arteaga und Peter Hanau. Arteaga schreibt in seinen zum Download bereitgestellten Tagungsunterlagen zu der Veranstaltung:

 

Das nun vorgelegte Gutachten empfiehlt, die ursprünglichen Vorschläge für das "Sozialpartnermodell Betriebsrente" entscheidend zu erweitern. Es schlägt ein neues Kapitel im Bereich der betrieblichen Altersversorgung auf:

 

– Über Tarifverträge sollen gegenüber dem Status Quo wesentliche Flexibilisierungen und Vereinfachungen in der bAV möglich werden

 

– Solche Tarifverträge könnten verpflichtend ausgestaltet werden, sie könnten aber auch die neugeschaffenen Freiheiten über sog. Öffnungsklauseln an die Unternehmen delegieren

 

– So könnten für ganze Branchen sehr kosteneffiziente Versorgungslösungen entstehen, die gerade auch für Klein- und mittelständische Unternehmen eine haftungsbefreite Altersversorgung mit einer einzigen Unterschrift ermöglichen ("pay and forget")

 

– Über ein neu im Gesetz zu verankerndes "Optionsmodell" sollen Arbeitnehmer auch in gewissem Umfang ohne ausdrückliche Erklärung, aber mit Widerspruchsrecht in eine Entgeltumwandlungs-Altersversorgung eingebunden werden können

 

– Mit Blick auf die Niedrigzinsphase und die neuen strengen aufsichtsrechtlichen Anforderungen (Solvency II) zeigt das Gutachten den Weg in ein System von Zielrenten auf (im Ausland "defined ambition" genannt), bei denen nicht mehr eine feste Versorgungsleistung verbindlich versprochen wird und bei denen dennoch mit höheren Versorgungsleistungen zu rechnen ist.

 

Diese Neuerungen halten wir aus mehreren Gründen für richtig. Denn zum einen bleibt der Kern des "Sozialpartnermodells" erhalten, nämlich die in vielen Bereichen wesentlich stärkere Einbindung der Tarifparteien in die Gestaltung und die Verbreitung der bAV. Die Tarifparteien sind in der Lage für viele Unternehmen, vor allem aber für Klein- und mittelständische Unternehmen effiziente Versorgungslösungen zu entwickeln und bereitzustellen. Sie können dabei die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und auch einen ausgewogenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen sicherstellen.

Zum anderen kann das prägende Prinzip der deutschen bAV erhalten bleiben, nämlich die Freiwilligkeit. Und zwar auf der Ebene der einzelnen Arbeitnehmer wie auch auf der Ebene der Unternehmen. Gleichwohl dürfte von den Reformvorschlägen, vor allem von dem "Optionsmodell" in Verbindung mit Versorgungslösungen, die durch die Tarifparteien ausgehandelt wurden, ein beachtlicher Schub für eine stärkere Verbreitung entstehen. Hier besteht die große Chance, dass bei Ausnutzung der Kollektiveffekte im Versicherungsschutz, der Skaleneffekte bei den Kosten sowie der Kombination von Zuschüssen, Steuer- und Sozialversicherungsvorteilen Konzepte entstehen werden, die so attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden, dass man diesen Möglichkeiten kaum wird ausweichen können.

 

All dies sind die Stärken der zweiten Säule, die nun in den Vordergrund treten müssen.“

 

 

Soweit die Auszüge aus den Tagungsunterlagen. Mehr zur Handelsblatt-Tagung morgen und in den kommenden Tagen auf LEITERbAV.

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