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Staatssekretär auf dem Podium:

Ein Meister der Details

Dass ein Spitzenbeamter aus dem Finanzministerium bei der Erläuterung einer Reform auch vor Einzelheiten nicht halt macht, ist nicht überraschend. So war es auch bei einem neulichen Auftritt in Berlin. Für LEITERbAV berichtet Rita Lansch.

 

Vorgestern hatte LEITERbAV über den Auftritt von BMAS-Chefin Andrea Nahles auf der MCC-Tagung Zukunftsmarkt Altersvorsorge vergangenen Donnerstag in Berlin berichtet. Am nächsten Tag war BMF am Zug – in Form des parlamentarischen Staatssekretärs Michael Meister.

 

Bekanntlich will die Politik die betriebliche Altersversorgung mit dem BRSG attraktiver machen. Über die Details spricht der Staatssekretär auf in seinem Vortrag auf der Tagung: Den Arbeitgebern macht der Gesetzgeber mit der vieldiskutierten Einführung reiner Beitragszusagen den Einstieg schmackhaft. Für die Arbeitnehmer wiederum konstatiert Meister zunächst, dass unter den Geringverdienern (bis 1.500 Euro brutto im Monat) mehr als 40 Prozent weder eine Betriebs- noch eine Riester-Rente ansparen. Daher werde für diese Bevölkerungsgruppe mit dem Zuschussmodell ein deutlicher Anreiz geschaffen. Dessen wesentlichen Elemente fasst Meister nochmal zusammen:

 

  • Ein 30prozentiger Förderbeitrag auf die zusätzlichen Arbeitgeberbeiträge in eine bAV in Höhe von mindestens 240 bis 480 Euro jährlich. Das entspricht einer Förderung in Höhe von 72 bis 144 Euro pro Jahr.

  • Begünstigt sind Arbeitnehmer mit einem laufenden Bruttoarbeitslohn von bis zu 2.000 Euro.

  • Die neue Förderung ist additiv, das heißt sie wird nicht auf die Steuerfreiheit nach Paragraf 3 Nr. 63 EStG oder die Riester-Förderung angerechnet.

 

Michael Meister.
BMF.
Foto: MCC.

 

Ein weiteres Kernelement ist Erhöhung des steuerfreien Dotierungsrahmens. Die wird laut Meister dadurch erfolgen, dass die bisherigen Steuerfreibeträge zugunsten von Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds zusammengezogen werden zu einer einheitlichen prozentualen Höchstgrenze – und zwar von nunmehr acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Damit wird der Dotierungsrahmen auf derzeit etwas über 6.000 Euro angehoben und zugleich das Verfahren entbürokratisiert. Gleichwohl bleibt es bei der bestehenden Pauschalbesteuerung von 20 Prozent nach Paragraf 40 EStG, hier wird einfach auf den neuen Höchstbetrag angerechnet.

 

 

3.63: rückwirkend auffüllen!

 

Um Flexibilität in das bAV-System zu bringen, ist vorgesehen, dass bei gebrochenen Erwerbsbiographien und Abfindungen Einzahlungen nachgeholt werden können, und zwar bis zu zehn Jahre rückwirkend – ab voraussichtlich 1. Januar 2018. Dann kann also jemand, dessen bAV-Verlauf bereits Lücken aufweist, zum Beispiel nach einer Kündigung, Entsendung, Elternzeit oder einem Sabbatjahr diese nachträglich auffüllen. „Die in diesen Kalenderjahren nicht ausgeschöpften steuerfreien Jahresvolumen von acht Prozent der BBG können ab dem 1. Januar 2018 nun auch nachträglich steuerfrei in die bAV eingezahlt werden“, sagt Meister, und das „bis zum Zehnfachen Jahresvolumen von vier Prozent der BBG, also maximal bis zu 40 Prozent“. Der Einfachheit halber stellt die Nachzahlung jeweils auf die BBG des Jahres der Zahlung ab. Auf die komplizierte Gegenrechnung des in den letzten sieben Kalenderjahren bereits in Anspruch genommenen steuerfreien Volumens werde komplett verzichtet. Arbeitgeber hätten somit keinen erhöhten Ermittlungsbedarf.

 

 

Stellschrauben

 

Außerdem nutzt Meister die Gelegenheit, dem Parkett einen Überblick über weitere steuerliche Detailmaßnahmen zu geben, welche die Reform bringen soll:

 

  • Es wird ein Freibetrag in der Grundsicherung eingeführt für selbst angesparte Zusatzrenten wie Betriebs- und Riester-Renten. Dabei ist ein Sockelbetrag in Höhe von 100 Euro zuzüglich 30 Prozent der Zusatzrente bis zu einem Höchstbetrag von 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (aktuell 202 Euro) anrechnungsfrei.

  • Die Pauschalbesteuerung wird vereinfacht. Ab 2018 ist nur noch entscheidend, dass eine Beitragsleistung bereits vor 2018 nach § 40 EStG besteuert worden ist. Für den Arbeitnehmer bleibt es dann dauerhaft bei dieser Regelung. Arbeitgeber müssen keine Änderungen mehr überprüfen. Arbeitnehmern wird damit ein Jobwechsel erleichtert.

  • In Paragraf 3 EStG wird eine neue Nummer 63a eingeführt. Dadurch entsteht die Möglichkeit, als Ausgleich für den Wegfall der Arbeitgeberhaftung einen steuerfreien Zusatzbeitrag zu vereinbaren.

 

Das Publikum.
Foto: MCC.

  • Das BetrAVG soll dahingehend ergänzt werden, dass der Arbeitnehmer für den Insolvenzfall des Arbeitgebers künftig das Recht erhält, in eine Rückdeckungsversicherung einzutreten. „Dies ist oftmals günstiger als der Leistungsanspruch gegen den Pensions-Sicherungs-Verein, der zwangsläufig zur Kündigung der Versicherung und Auskehrung des Rückkaufswerts an den PSV führt“, erklärt Meister. Diese Regelung werde ebenfalls steuerlich flankiert. So soll die Übertragung beim Arbeitnehmer keine Lohnsteuer auslösen.

 

Außerdem hat das Finanzministerium sich auf eine Verbesserungen der Riester-Förderung verständigt. Weil Geringverdiener hauptsächlich von der Grundzulage profitieren, wird diese von 154 auf 165 Euro erhöht.

 

 

Die nächste Ausgabe von LEITERbAV erscheint voraussichtlich am Aschermittwoch.

 

 

 

 

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