Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Thank God it's Friday:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

 

Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Nahles und Asmussen, Gabriel und Spieltheorie.

 

FAZ (15. Dezember): „Andrea Nahles – Die Frau für soziale Wohltaten.“

 

Vier Arbeitsminister in vier Jahren. Nun also Andrea Nahles. Dass die neue in ihrem Leben außerhalb von Hörsaal und Politik – gelinde gesagt – wenig Erfahrung in der realen Arbeitswelt hat, teilt sie mit den meisten ihrer alten und neuen Kollegen und sollte sie kaum grämen. Ob die deutsche bAV von ihr positive Impulse zu erwarten hat, wird man sehen, erscheint aber angesichts ihres politischen Standortes, der eher für eine Bevorzugung der ersten Säule spricht, wenig wahrscheinlich.

 

 

FAZ (15. Dezember): „EZB-Direktor Asmussen wird Staatssekretär im Arbeitsministerium.“

 

Und ihr Adjutant? Ausgerechnet Asmussen. Leserkommentare ebenso aufklärend wie vernichtend.

 

Doch hier noch ein Wort zur Pathogenese der GroKo an sich: Leiter-bAV.de wird zuweilen dafür kritisiert, es an Respekt für das deutsche und europäische Polit-Establishment fehlen zu lassen; und in der Tat besteht dafür auch keinerlei Anlass. Doch hier muss selbst die LbAV-Redaktion „Wahlsieger Si(e)gmar Gabriel ein Kompliment machen. Denn mit der Mitgliederbefragung hat er ein spieltheoretisches Meisterstück abgeliefert, dem die Union intellektuell nichts entgegenzusetzen hatte. Indem er eine Selbstbindung gegenüber einem souveränen und unkalkulierbaren Dritten (der SPD-Basis) eingegangen ist, während die CDU-Spitze sich eine weitgehend unabhängige Entscheidungsfähigkeit meinte vorbehalten zu müssen, konnte Gabriel in den Verhandlungen immer mit Verweis auf die Notwendigkeit, die Basis für den Koalitionsvertrag gewinnen zu müssen, die grundsätzlich härtere und weniger kompromissbereite Position einnehmen. Und das Ergebnis kann sich (im Verhältnis zu dem schwachen SPD-Wahlergebnis) bekanntlich sehen lassen. In der klassischen Spieltheorie gibt es für diese Strategie sogar eine Bezeichnung, die der LbAV-Redaktion aber entfallen ist. Die Mathematiker unter den Lesern mögen sie kennen.

 

 

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

 

FAZ (19. Dezember): „EU-Bankenunion – Finanzminister einigen sich auf Regeln zur Schließung von Pleitebanken.“

 

Klingt ja erstmal gut. Doch die ganzen verhältnismäßig schwammigen und teilweise komplexen Kompromisse (Kammern, ESM-Anzapfung) lassen befürchten, dass die wachsweichen Beschränkungen im echten Krisenfall dann unter lautem Geschrei, dass sonst die Welt untergehe, nach kurzem Widerstand mit dem Segen eingeschüchterter deutscher Entscheidungsträger hinweggefegt werden. Ein Prozedere, das wohlbekannt ist, schließlich hat seinerzeit selbst das übergeordnete, glasklare, ultimative Bailout-Verbot des Maastrichter Vertrages dieser Strategie nicht standhalten können; und dann werden es irgendwelche vertraglichen Hilfskonstruktionen erst recht nicht tun. Leiter-bAV.de bleibt dabei: Ziel der Südstaaten ist es, nicht nur ihre Staatsschulden, sondern mit der Bankenunion auch die Risiken ihrer völlig überdimensionierten Bankenlandschaften mit Deutschland zu poolen – im besten Fall, um diese Bankenlandschaften billig zurechtstutzen zu können, im schlechtesten, um weiter zu machen wie bisher. Dass mittels der Finanzierung der Staatshaushalte durch die EZB via Geschäftsbanken die Staatsschulden- und die Bankenkrise mittlerweile hoffnungslos miteinander verkettet sind, dürfte diese Entwicklung unterstützen.

 

 

HB (19. Dezember): „Juncker plant Rückkehr ins europäische Rampenlicht.“

 

Frisch als Premier abgewählt und lockerflockig durch die Hintertür wieder rein? Diese Chuzpe, diese Unbeschwertheit, die möchte man auch gern haben. Doch im ernst: Ein Kommissionspräsident Juncker, das wäre nun wahrhaftig der Treppenwitz der EU schlechthin. Ein solches Recycling eines „Altvorderen“ in irgendeinem Posten, gleich welchem, würde dem im Internet verbreiteten Spottnamen „EUdSSR“ sicher Auftrieb verleihen – diese fragwürdige Kontinuität der Persönlichkeiten ist schließlich für demokratische Staatsformen zumindest ungewöhnlich. Sollte dies tatsächlich Realität werden, wird wohl auch jeder noch so betonharte EU-Sympathisant zugestehen, dass das derzeitige EU-Establishment zu echter Selbsterneuerung offenbar weitestgehend unfähig ist.

 

 

FAZ (13. Dezember): „Van Rompuy unterstützt Rajoy – 'Unabhängiges Katalonien nicht in der EU'.“

 

In seinem letzten Kommentar hat Leiter-bAV.de auch auf auf die Zentrifugalkräfte in der Europäischen Union hingewiesen, die eine Herausforderung nicht nur für die Union als Ganzes, sondern in der Folge natürlich auch für die bAV darstellen. Als ein Beispiel für die Wirkung der Zentrifugalkräfte nannte die LbAV-Redaktion Katalonien. Und fast wie bestellt meint nun EU-Ratspräsident Van Rompuy – in offenbar grotesker Verkennung der Realität – auf die Katalanen Druck auszuüben zu können. Es sei ihm, der möglicherweise nicht viel vom wahren Leben versteht, zugerufen: Dreimal an der Costa Brava gewesen zu sein und die Menschen dort kennengelernt zu haben, reicht, um zu wissen, dass die sich nicht drohen lassen, erst recht nicht von einem wie Van Rompuy. Der Belgier wird mit seinem Vorstoß – mit dem er nun übrigens den Terminus „unabhängiges Katalonien“ zumindest ausgesprochen hat – das genaue Gegenteil dessen erreichen, was er sucht. Abgesehen davon, dass überhaupt nicht klar ist, ob seine Aussage, ein unabhängiges Katalonien sei nicht automatisch Mitglied der EU, von den Katalanen als Drohung oder als Versprechen verstanden werden wird. Wie auch die Schotten dürften kleinere Völker, sollten sie tatsächlich die Unabhängigkeit erreichen, eher die Schweiz und Norwegen als Vorbilder sehen denn eine EU, der das soeben verlassene Mutterland angehört und deren Establishment nicht müde wird zu zeigen, welch Geistes Kind es ist (s. obigen Beitrag).

 

 

Zum guten Schluss:

 

The Sydney Morning Herald (20. Dezember): „Heatwave hits Sydney.“

Coogee Beach grüßt die Heimat.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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