Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig Freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: So viele alte Bekannte…

 

 

FAZ (4. Januar): „Neuregelung der Betriebsrente: Eine kleine Revolution in der Altersvorsorge.“

 

FAZ-Autor Philipp Krohn, auf dem Pensions-Parkett kein Unbekannter, gibt einen Rundumschlag über die bAV-Reform, von der Genese bis zur Perspektive, einschließlich vieler prominenter O-Töne.

 

Der Beitrag ist auf dem fachlichen Niveau, das mal als Leser von der FAZ erwartet, insofern gibt es keinen Grund zur Klage. Nur der letze Satz, der scheint ein wenig missverständlich:

 

Doch den meisten im Markt ist klar: Steigt die Verbreitung der bAV in den kommenden Jahren nicht spürbar an, wird die Politik um ein Pflichtmodell nicht herumkommen. Gesetzliche Renten zu kürzen, ohne eine attraktive Alternative anzubieten, das wird dauerhaft nicht funktionieren.“

 

Könnte man das so verstehen, dass etwa das Pflichtmodell eine attraktive Alternative soll? Oder meint der Autor, dass im Falle des Ausbleibens einer attraktiven Alternative ein Pflichtmodell – ohne attraktiv zu sein – unausweichlich sein wird?

 

 

Berliner Morgenpost (2.1.18): „Pensionslasten in Berlin steigen weiter.“

 

Das Land Berlin will seine Beamten-Pensionslasten neu ermitteln. Eine über zehn Jahre alte Berechnung kam hier auf 35 bis 40 Milliarden Euro. Es sei erwähnt, dass Berlin eine rein explizite Schuldenlast von derzeit rund 55 bis 60 Milliarden Euro angehäuft hat.

 

Neben der haushaltspolitischen Sprecherin der AfD im AGH Berlin, Kristin Brinker, die eine parlamentarische Anfrage in dieser Sache an den Berliner Finanz-Staatssekretär Klaus Feiler gerichtet hat, kommt in dem Beitrag auch Florian Swyter (FDP) zu Wort – als Pensionsreferent der BDA ein alter Bekannter des Pensions-Parketts, auf dem man ihn aber seit seiner Wahl in das AGH im September 2016 leider zunehmend seltener antrifft.

 

Wie Brinker fordert auch Swyter – haushaltspolitischer Sprecher der Freien Demokraten im AGH – mehr Transparenz bei den Berliner Pensionslasten. Und im Gegensatz zu seinem CDU-Kollegen Christian Goiny hat Swyter auch einen praktikablen Vorschlag, das Übel im Sinne einer Nachhaltigkeit wenigstens ansatzweise mal an der Wurzel zu packen: weniger verbeamten.

 

Noch ein kurzer Exkurs in dieser Sache: Da die Pensionslasten für die deutschen Beamten weitgehend ungefundet sind, kann man diese als implizite Schulden Deutschlands begreifen (neben den expliziten). Diese impliziten Schulden Deutschlands sollen Ex-BP Horst Köhler, immerhin gelernter Banker, zufolge bereits 2005 für die gesamte Bundesrepublik 5,7 Billionen Euro ausgemacht haben (mit einer dementsprechenden Gesamtstaatsverschuldung von 7,1 Billionen Euro). Seitdem dürfte das ein oder andere Billiönchen hinzugekommen sein.

 

Kassandra betont in diesem Zusammenhang stets, dass diese Schuldenlast nicht nur die Spielräume des Gesetzgebers bspw. in der bAV massiv einschränkt (Stichwort KV-Pflicht in der Rentenphase), sondern auch einer der Belege für die alte kassandrische These ist, dass auch die scheinbar gesunde und dynamische Bundesrepublik Deutschland (das „Super-PIG“) unter einem fatalen Mix aus geostrategischen, sozialen, demografischen, sicherheitspolitischen und eben auch haushälterischen Zwängen steht, der sie auf viele Jahrzehnte von billigem Geld und der Notenpresse politisch genauso abhängig macht wie die südeuropäischen Krisenstaaten es sind – mit allen klar absehbaren Folgen für das künftige Zinsumfeld. Dass eben der derzeitige, leichte Rückgang der Gesamtverschuldung offenkundig ausschließlich auf das politische herbeimanipulierte Niedrigzinsumfeld (vulgo: Notenpresse) zurückgeht, belegt diese These nicht minder.

 

Wie gerufen für die These kommt hier übrigens der gestrige Artikel in der Welt, der auf eine Studie der Bundesbank verweist, wonach nun berechnet ist, was ohnehin alle wissen: „Deutschland verdankt seinen Rekordüberschuss allein Mario Draghi.“

 

Dass dies angesichts von Asset Inflation, Anlagenotstand und Renditeverfall in der Altersvorsorge der zweiten und dritten Säule sowie von damit in Zusammenhang stehenden Target-II-Salden und Eurorettungs-Garantien in mehrfacher Billionenhöhe kein Grund zum Jubeln ist, muss der Leserschaft von LEITERbAV kaum erläutert werden.

 

Die schwarze Null des Wolfgang Schäuble – nichts als eine Chimäre zur Blendung Ahnungsloser.

 

 

VJ.de (9. Januar): „Neues BMF-Schreiben zur privaten Altersvorsorge.“

 

Das BMF hat in den vergangenen zwölf Monaten mehrere Schreiben betreffend die bAV vorgelegt: zum Jahreswechsel 16/17 zu der Frage, ob in Zusammenhang mit Entlastungen bei der handelsrechtlichen Bewertung von Pensionsverbindlichkeiten die Ausschüttungssperre auch zu einer Gewinnabführungssperre führt (nein); im September dann bezüglich der steuerbilanziellen Behandlung von Versorgungszusagen, die kein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis vor Leistungsbezug vorsehen, sowie zur Rückstellungsbildung für vererbliche Leistungsanwartschaften und Versorgungsleistungen; Ende November wurde dann die steuerliche Behandlung von Verpflichtungsübernahmen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen konkretisiert; und im Dezember folgte dann schließlich das BMF-Schreiben zu Steuerfragen rund um die bAV-Reform.

 

Da das letztgenannte dieser Rundschreiben das ausführliche BMF-Schreiben „Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung“ vom 24.Juli 2013 ersetzt, musste ergo noch eines betreffend die private Altersversorgung folgen, und eben dies ist nun geschehen. Im Versicherungsjournal findet sich eine Zusammenfassung der wichtigsten Essentials von VJ-Chefredakteur Detlef Pohl (der als Autor von LEITERbAV ebenfalls ein alter Bekannter der bAV ist).

 

 

Die Welt (7. Januar): „SPD-Politiker bestehen auf Gabriel als Außenminister.“

 

Schon knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl im September hatte Kassandra in einer – weitgehend korrekten – Prognose zur Lage der SPD, genaugenommen zur Person Marin Schulz geunkt:

 

Machtorientiert mag Schulz sein, intellektuell ist er offenkundig weniger, und clever vermutlich gar nicht.“

 

Als einer von zwei Belegen für diese These hatte Kassandra den Schulzschen Kardinalfehler anführt, Sigmar Gabriel mit dem Amt des Außenministers für dessen Verzicht auf Kanzlerkandidatur und Partievorsitz zu entschädigen und das Amt nicht selbst zu übernehmen. Dabei ist doch gerade das AA das Amt in in Deutschland, das den (hierzulande sehr wichtigen) Amtsbonus in seiner höchsten Form verleiht – und genau dies manifestiert sich gerade überdeutlich bei Minister Gabriel, der sich in seiner neuen Rolle offenkundig pudelwohl fühlt.

 

Nun dürfte diese seine eigene Fehlpositionierung Schulz nicht nur den ein oder anderen Prozentpunkt bei der Wahl gekostet haben, sondern wie die Welt hier berichtet, pflanzt sich das Problem Gabriel für Schulz fort: Offenbar gibt es Kräfte in der SPD, die Gabriel weiter im Amt des Außenministers sehen wollen (und das dürfte im Wahlvolk von Union und SPD ähnlich sein).

 

Der wenig raffinierte Schulz hat nicht nur fatalerweise im Wahlkampf übersehen, dass er dieses Amt aus Gründen der Augenhöhe mit Merkel dringend benötigt hätte. Offenbar hat er darüber hinaus auch nicht bedacht, dass wie so häufig in allen Feldern der Politik auch im Fall Gabriel/AA gilt: Eine Übergangslösung, die sich einmal etabliert hat, lässt sich nur noch schwer rückgängig machen.

 

Und inwiefern hat diese Sache mit der bAV zu tun, so dass sie hier nicht unter OFF TOPIC steht? Nun, wenn Gabriel Außenminister bleibt (und damit ist zu rechnen), wird Schulz entweder den SPD-Fraktionsvorsitz übernehmen müssen (unwahrscheinlich, da Nahles auch schon etabliert ist) oder eben ein anderes Ministeramt. Von ausreichendem Gewicht für einen Parteivorsitzenden wären dafür aber nur deren zweie. Das eine ist das des Wirtschaftsministers. Und das andere? Das des Arbeitsministers.

 

Schönes Wochenende.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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