Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: „Das kostet nichts, das zahlt der Staat.“
Metallrente (1. März): „Deutschland-Rente – richtig analysiert und falsch gefolgert.“
Heribert Karch kommentiert in seiner Funktion als Chef der Metallrente den hessischen Vorschlag zur Deutschland-Rente. Der Diagnose, welche die drei Landesminister zur Grundlage ihrer Überlegung gemacht haben, stimmt er ausdrücklich zu. Dann jedoch hört es mit der Zustimmung auch schon auf: Unter anderem bezweifelt Karch die Wettbewerbsfähigkeit einer Einrichtung, die in den Zeiten des Niedrigzinses neu aufgestellt werden muss, dann die Realisierbarkeit der angestrebten renditeorientierten Asset Allocation, die Vergleichbarkeit mit dem norwegischen Staatsfonds, die Allheilwirkung des Opting-outs – und er macht darauf aufmerksam, dass der schöne Name Deutschland-Rente eigentlich schon vergeben ist.
Focus.de (29. Februar): „SPD will höhere Renten für alle durchsetzen.“
Höhere Rente für alle? Das ist ein guter Plan, vor allem in einer Zeit, in der Belastungen auf die öffentlichen Haushalte zukommen, die sich gewaschen haben. Doch scheint die SPD mit zunehmender Nähe der Wahltage ihr ständig größer werdendes Herz für alle zu entdecken.
Und sollte es Probleme mit der Finanzierung geben, darf man – so Kassandras Rat – sich die große sozialdemokratische Herzensgüte nicht von den üblichen Unkenrufen miesmachen lassen. Vielmehr sollte man sich ein Beispiel an dem in Paris regierenden Genossen nehmen, der sich mit solch kleinbürgerlichen Fragen gar nicht erst abgibt. Legendär Hollandes Satz, live im Fernsehen in einem ähnlichen Zusammenhang gesagt und von der FAZ dokumentiert:
„Das kostet nichts, das zahlt der Staat.“
Ist doch ganz einfach.
Der Spiegel (26. Februar): „Förderung der Riester-Rente kostet den Fiskus rund 25 Milliarden Euro.“
25 Milliarden Euro seit 2002! Man stelle sich die Wirkung dieser Mittel in der kollektiven bAV vor, unkt Kassandra – nicht ganz ohne Wehmut.
Die Welt (26. Februar): „Scheichs schnappen Allianz Londoner Airport weg.“
Ein kanadischer Pensionsfonds und der kuwaitische Staatsfonds sollen dem größten deutschen Versicherer den kleinen feinen Flughafen City weggekauft haben. Die Kanadier sind bekannt dafür, der Asset-Klasse Infrastruktur gegenüber schon länger aufgeschlossen zu sein, und der kuwaitische Staatsfonds hat sowieso einen klaren Vorteil gegenüber der Allianz: keine Liabilities.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
FAZ (26. Februar): „Keine Außenstelle Londons!“
Die FAZ beobachtet die Entwicklungen in der deutschen, europäischen und internationalen Börsenlandschaft seit jeher sehr genau. Schon zu Beginn der Fusionsverhandlungen zwischen LSE und Deutscher Börse hatte sie in einem Beitrag gemahnt, dass der Sitz des Unternehmens nach dem Merger angesichts des Übergewichts der Deutschen Börse nur in Frankfurt sein könne; Zitat:
Das Gegenteil kündigt sich nun an, und die FAZ verhehlt ihr Enttäuschung nicht. Zu Recht betont sie, dass ein deutscher CEO in seiner Wirkung keinesfalls die Langfristigkeit des britischen Standortes aufwiegen kann, und dass die Möglichkeit eines baldigen Brexits beachtet werden muss. Außerdem vermisst sie den nötigen Einsatz auf deutscher Seite, den man auf der anderen Seite des Kanals durchaus zeigt, Zitat:
„In seinem Selbstverständnis erklärt der Finanzplatz London nun den Hauptsitz zur roten Linie. Dieser sei schlicht nicht verhandelbar und müsse natürlich in London sein. Für den Finanzplatz Frankfurt tun sich keine Vorkämpfer hervor. Die Reaktion der deutschen Seite, den Sitz der Holding in seiner Bedeutung herunterzuspielen und die Besetzung des Vorstandsvorsitzes hervorzuheben, der auf Carsten Kengeter zuläuft, deutet auf Kleinbeigeben hin.“
Das trifft es. Man mag hinzufügen, dass insuffiziente und ungeschickte Standort- und Industriepolitik in Deutschland fast schon Tradition hat. Zumeist sind es hier aber die Franzosen, denen es gelingt, in gemeinsamen Unternehmen schnell den Ton anzugeben oder sie gar binnen kurzer Zeit völlig zu gallisieren – man denke nur an längst vergangene deutsche Industrieperlen wie DASA oder Höchst, die heute mehr oder weniger fest in französischer Hand sind, und auch bei Krauss-Maffei Wegmann muss man mit einer solchen Entwicklung rechnen. Bei der Deutschen Börse ist es diesmal an den Briten, diese Schwäche der Deutschen zu nutzen.
Zu allem Überfluss tritt laut Medienberichten nun noch ein Übernahmepoker hinzu, der damit das bis dato noch geringere Gewicht der LSE in die Höhe treiben könnte (nicht auszuschließen, dass genau dies Sinn und Zweck der Maßnahme sein könnte). Die Voraussetzungen des Mergers verschlechtern sich aus Sicht der Deutschen Börse und des Standortes Deutschland jedenfalls weiter.