Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

 

Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Paris-Moskau

 

 

 

Das Investment (20. November): „Pensions-Akademie – Denkfabrik für betriebliche Altersversorgung.“

 

Bericht über ein neues Institut/Interessenvertretung auf dem Pensions-Parkett; einer der maßgeblichen Initiatoren ist die KAS-Bank.

 

 

 

 

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

 

 

Zeit.de (26. November): „Volkswagen: Südkorea ordnet Rückruf von 125.000 Fahrzeugen an.“

 

Man fragt sich seit Beginn des Skandals, welcher Unternehmensmanager im 21. Jahrhundert noch so dumm ist, sich überhaupt (und dann noch auf derartig plumpe Art) mit US-Behörden anzulegen, wie VW es getan hat – muss es doch jedermann klar sein, dass er mit so etwas nicht weniger aufs Spiel setzt als die Existenz seines Unternehmens. Und in dem hier verlinkten Beitrag zeigt sich erneut, dass die Problematik keinesfalls auf die USA beschränkt ist.

 

Wie dem auch sei, die Angelegenheit dürfte wegen der in vielen Staaten anfallenden kommenden Strafen, Rückforderungen, Nachrüstungen und Umsatzausfälle die Deutschen (Steuerzahler, Vorsorgesparer, Kleinaktionäre) zig Milliarden kosten. Schließlich ist VW via Niedersachen nicht nur teils in Steuerzahlerbesitz, sondern wohl auch in den allermeisten deutschen Depots vertreten – seien sie institutionell oder privat.

 

Ob die US-Behörden hier gegen die Verantwortlichen vorgehen, bleibt abzuwarten. Häufig in solchen Fällen wenden die Unternehmen Strafverfahren gegen die verantwortlichen Manager ohnehin ab, indem sie diese mit viel Aktionärsgeld hiervon regelrecht freikaufen.

 

Nicht abzuwarten muss man dagegen, was den Verantwortlichen hierzulande angesichts der oben angedeuteten, milliardenschweren Folgen für die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes blühen wird, denn das ist klar: In der BRD des 21. Jahrhunderts wird die Sache für nicht einen einzigen von ihnen irgendetwas zur Folge haben, was man auch nur im Ansatz als echte „Konsequenz“ wird bezeichnen können. Übliche Höchststrafe in Deutschland: Entlassung mit goldenem Handschlag.

 

 

 

Die Welt (25. November): „'Flüchtlingskrise könnte fast eine Billion Euro kosten'.“

 

In den großen Fragen, die Europa in diesen Jahren bewegen, hat Deutschland nicht mehr viele Handlungsmöglichkeiten – das ist in der Flüchtlingsfrage nicht anders. Jedoch wäre eine der wichtigsten und ersten Maßnahmen kostenfrei und rein innerstaatlich zu haben: sich in der Diskussion endlich ehrlich zu machen. In dem verlinkten Welt-Beitrag wird ein erster Schritt gemacht. Der Ökonom, von dem hier die Rede ist, ist auch auf unserem Parkett kein Unbekannter und für seinen prägnanten Stil bekannt: Bernd Raffelhüschen, Professor in Freiburg.

 

Eine Billion also. Ist das Schwarzseherei? Nein, denn für die Berechnung legt Raffelhüschen ein nach eigenen Worten „unrealistisch positives Szenario„ (sinkende Zahlen, schnelle Integration) zugrunde. Es dürfte daher mehr werden (aber vielleicht weniger als die Euro-Krise am Ende kosten wird). Viel zu tun also, besonders für zwei Player in dem Spiel: den deutschen Steuerzahler und Mario Draghi. Beide haben tiefe Taschen – und werden sie brauchen.

 

 

 

FAZ (26. November): „Kampf gegen den IS – Russland möchte internationale Koalition.“

 

Die Türkei und ihre ebenso doppelzüngige wie unkluge Geopolitik hat Kassandra an dieser Stelle schon oft beunkt. Und nun also der Abschuss der russischen Suchoi-24, die ganze 17 Sekunden den türkischen Luftraum überflogen hat und über syrischem Gebiet getroffen wurde. Ist es Zufall, dass diese Eskalation keine zwei Wochen nach den Anschlägen von Paris einsetzt, oder steckt vielleicht mehr dahinter?

 

Dass die Türkei den IS zumindest in Teilbereichen unterstützt, zumindest aber hat gewähren lassen (oder dies noch tut), ist kein Geheimnis. Und viel ist derzeit von den Finanzierungsquellen des IS die Rede, vor allem von seinen Öl-Exporten. Es genügt ein Blick auf die politische und geografische Landkarte, um festzustellen, dass hier vor allem die Türkei im Verdacht stehen muss, das illegale IS-Öl auf den legalen Weltmarkt zu swappen. Es kommt schließlich kein anderer Akteur hierfür wirklich in Frage (und davon, dass der IS bereits eigene Brokerbüros an den Rohstoffbörsen und Erdölhäfen dieser Welt unterhält, ist nichts bekannt). Das Ganze korrespondiert mit dem bekannten Wunsch des türkischen Präsidenten Erdogan, dass Assad stürzen muss (was für die Europäer einen zweiten Failed State á la Libyen schaffen würde), nicht zuletzt auch, um in dem anschließenden Vakuum das Entstehen eines Kurdenstaates vor der Haustür zu verhindern.

 

Nun gab es die Anschläge von Paris, und die nachvollziehbare, wenn auch etwas aktionistisch-hilflose Reaktion der französischen Politik ist ein verstärktes militärisches Engagement in Syrien – derzeit noch ohne klares strategisches Ziel. Doch ist offenkundig, dass dieses Engagement zwangsläufig mit einer Annäherung Frankreichs an Russland einhergehen wird und am Ende in eine Stabilisierung des Assad-Regimes münden wird, ja muss – also das genaue Gegenteil dessen, was man in Ankara zu erreichen sucht (am Rande nicht zu vergessen auch die ohnehin jahrhundertealte Rivalität zwischen Russland und der Türkei).

 

Hinzu tritt, dass eine neue interventionsmilitärische Achse Paris-Moskau (selbst wenn dies nur die Syrien-Frage betrifft) den Interessen all jener Akteure zuwiderläuft, die aus grundsätzlichen geostrategischen Erwägungen eine Isolationspolitik gegenüber Russland betreiben. Sollte das schwache, wankelmütige Berlin sich dieser Achse noch anschließen – und danach sieht es seit gestern Abend aus – wäre die damit entstehende deutsch-französisch-russische Militärallianz der geostrategische Alptraum für drei Player: in der Syrien-Frage für die Türkei und für Saudi-Arabien, und über die Syrien-Frage hinaus für einen weiteren, allerdings raumfremden Geo-Akteur.

 

Insofern kommt das Timing des Abschusses der russischen Fencer und die damit einhergehende Eskalation zwischen dem Nato-Staat Türkei und Russland so manchem möglicherweise gerade recht, um die neue Achsenbildung zu torpedieren. Wird die Eskalationsspirale hier und/oder in der Ukraine weitergedreht, geraten die Franzosen (und in deren Windschatten die Deutschen) in einen ständig diffizileren Spagat zwischen einer Kooperation mit den Russen in Syrien einerseits und der Bündnistreue andererseits. Es steht übrigens zu befürchten, dass ausgerechnet Deutschland, wenn es sich nun auch militärisch engagiert, Schauplatz einer solchen Eskalation werden könnte. Man denke nur an Spanien, das sich 2004 mit einem größeren Anschlag im Madrider Bahnhof quasi über Nacht aus der US-geführten Koalition im Irak bomben ließ. Insofern wäre es für den IS geradezu verlockend, dieses infame Spiel hierzulande zu wiederholen. Deutschland schickt sich nun jedenfalls an, sich außenpolitisch zu engagieren, ohne innen- und sicherheitspolitisch darauf auch nur im Ansatz vorbereitet zu sein.

 

 

 

Bankenverband.de (25. November): „Weihnachtsmärkte sind Eldorado für Taschendiebe.“

 

Der Bankenverband sorgt sich um die Sicherheit auf den diesjährigen Weihnachtsmärkten, und das wegen der Taschendiebe. Keine anderen Sorgen als Taschendiebe? Nun, wenn sich die Gefahren auf den Weihnachtsmärkten Deutschlands und Europas hierauf beschränken, kann man in diesen Zeiten wohl froh und dankbar sein. Und wenn die Regierung Merkel nun aus Solidarität Frankreich in das Syrien-Abenteuer folgt, dann erst recht.

 

 

Zum guten Schluss: Ist das Krisenhafte, was in dieser Presseschau heute unter OFF TOPIC stand, für die bAV wirklich so sehr OFF TOPIC? Nein, zumindest nicht mittelbar. Denn die für Europa auf allen Ebenen ständig prekärer werdende Gesamtsituation – Terror, Flüchtlinge, Failed States vor der Haustür, nahöstlicher Krisenbogen, Ukraine-Krise, Griechenlandkrise, Separatismus, Zentrifugalkräfte et cetera – führt den ganzen Kontinent gleich mehrfach an seine Belastungsgrenze. Für all diese Belastungen hat Europa keine einzige schlüssige Exit-Strategie, und die Euro-Zone schon gar nicht. Und in einer solchen Gemengelage soll die EZB – aus welchen Gründen auch immer – eines schönen Tages auch noch die Zinsen erhöhen und so den Druck von der Fiskalseite her noch weiter steigern? Auf absehbare Zeit undenkbar!

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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