Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Sperrfeuer – Der Kommentar auf Leiter-bAV.de – PK vor dem BSG (V):

Die Klage der Gelackmeierten

 

Das Bundessozialgericht in Kassel wird sich am morgigen 23. Juli mit der Krankenkassenbeitragspflicht bei Betriebsrenten aus Pensionskassen beschäftigen, die privat fortgeführt worden sind. Es ist eine Klage der Gelackmeierten, um sich wenigstens partielle Gerechtigkeit zu verschaffen.

 

In drei Verfahren wird verhandelt werden, ob nach zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2010 eine unterschiedliche Behandlung von Pensionskassen und Direktversicherungen gerechtfertigt sein kann.

 

Rückwirkend gelackmeiert sind – vor allem angesichts der Anwendung auf den Bestand – unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens grundsätzlich alle Betriebsrentner, die nicht privat krankenversichert sind. Doppelt gelackmeiert sind vor allem die gesetzlich Versicherten, die seinerzeit oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient haben, also während der Einzahlphase der Direktversicherung noch nicht einmal Beiträge gespart haben. Dreifach gelackmeiert sind sie, wenn sie darüber hinaus die Direktversicherung privat weitergeführt haben und als Rentner freiwillig gesetzlich versichert sind. Denn dann zahlen sie Krankenversicherungsbeiträge ohnehin auf alles, was reinkommt (das war allerdings auch schon vor 2004 so). Wie dem auch sei: Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass nach dem Niedrigzins, neben überschaubaren Fördertatbeständen und neben zuweilen zu hohen Kosten die nachgelagerte Beitragspflicht ein Kardinalproblem der Rentierlichkeit der deutschen bAV darstellt. Und eben die diese fundamentale Frage, also ob und warum Betriebsrenten überhaupt beitragspflichtig sein sollen, steht ja zumindest derzeit überhaupt nicht zur Diskussion, weder juristisch noch politisch, weder für die Vergangenheit noch für die (nähere) Zukunft.

 

Das Wissen der Bundesrichter

Olaf Keese, Chef der Sparkassen Pensionskasse, hat am 10. Juli in Leiter-bAV.de für den Fall einer BSG-Entscheidung zugunsten der Krankenkassen die Erwartung geäußert, dass wenn „auch nur geringste Zweifel an der Vereinbarkeit mit den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Direktversicherung aufgestellten Grundsätzen bestehen, eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für den Durchführungsweg Pensionskasse herbeigeführt werden wird.“

Das wissen natürlich auch die Kasseler Bundesrichter – genauso, wie sie wissen, dass die Krankenkassen bei einer Niederlage kaum nach Karlsruhe ziehen werden. Ob also die mäßig angenehme Aussicht, sich bei einer Entscheidung im Sinne der Krankenkassen (und nur bei einer solchen) nach dem Direktversicherungs-Fall in einer analog gelagerten Frage erneut aus Karlsruhe belehren lassen zu müssen, bei der Urteilsfindung in Kassel eine Rolle spielt, bleibt abzuwarten, erscheint aber nicht unplausibel. Tipp daher von Leiter-bAV.de: Das BSG wird allen drei Revisionen stattgeben.

 

Auffällige Häufung in den Massenmedien

Die Politik stellt sich zwar taub, gleichwohl taucht die Problematik der Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten als solche (also nicht runterfiletiert auf die Problematik der privat fortgeführten Verträge) derzeit verstärkt in der Presse auf (wie man in den vergangenen Presseschauen von Leiter-bAV.de hier, hier, hier, hier und hier beobachten kann).

Ist das bevorstehende Verfahren möglicherweise der Grund für diese Häufung? Allerdings ist in der Berichterstattung der Massenmedien von dem Verfahren regelmäßig keinerlei Rede, und man muss wohl davon ausgehen, dass dieses außerhalb des Parketts und der Fachpresse, also auch bei den Redakteuren der Massenmedien, kaum überhaupt bekannt sein dürfte.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.