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Felix Hufeld im Interview (I):

„Die bAV bietet noch gehöriges Potenzial.“

MaRisk und Regulierung, Opting-out und Obligatorium: Felix Hufeld, Chef der BaFin-Versicherungsaufsicht, spricht mit Leiter-bAV.de über alle wichtigen Themen der bAV. Teil I eines mehrteiligen Interviews.

 

Herr Hufeld, in Öffentlichkeit und Politik wird die bAV – nicht zuletzt wegen ihrer tatsächlichen Vielfältigkeit – zumeist wahlweise dem Altersvorsorgesystem unter der dominierenden gesetzlichen Rente, der Finanzdienstleistung oder dem Versicherungswesen zugeordnet. Als eigenständige, kollektive und verhältnismäßig krisenfeste Sozialleistung der deutschen Industrie wird sie dagegen zumeist nur von Fachleuten wahrgenommen. Welche Rolle billigen Sie als Exekutivdirektor Versicherungsaufsicht der deutschen bAV zu?

Felix Hufeld, Exekutivdirektor Bafin
Felix Hufeld, Exekutivdirektor Bafin

Die betriebliche Altersversorgung ist ein wichtiger Teil der Altersvorsorge in Deutschland. Verbreitungsgrad und Bedeutung der bAV sind in den letzten Jahren auch aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen gewachsen. Dies gilt insbesondere für die drei Durchführungswege des Betriebsrentengesetzes, die von der BaFin beaufsichtigt werden, also Pensionskassen, Pensionsfonds und die Direktversicherung.

 

Kann Deutschland – wie alle anderen westlichen Staaten auch – angesichts leerer Kassen und katastrophaler Demografie ohne eine starke bAV die Rückkehr der Altersarmut überhaupt verhindern?

Die bAV ist ein Baustein, um Altersarmut zu verhindern. Sie spielt – wie auch die private Altersvorsorge – eine wichtige Rolle, die drohende Versorgungslücke zu schließen. Denn aufgrund der demographischen Entwicklung wird sich das Versorgungsniveau der gesetzlichen Rente voraussichtlich vermindern. Die bAV bietet aber auch noch gehöriges Potenzial, das es zur Sicherstellung einer angemessenen Altersversorgung möglichst auszuschöpfen gilt.

 

A propos Potenzial: Auch die bAV ist dem gegenwärtigen Regulierungsdruck ausgesetzt. Verlieren Politik und Aufsicht möglicherweise zu sehr aus den Augen, dass die bAV mit dem Arbeitgeber über einen dritten Akteur verfügt, dessen Engagement eher gefördert denn als selbstverständlich hingenommen respektive überreguliert werden müsste?

Ich begrüße es sehr, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung zusagen. Doch darf dadurch der Schutz der Versorgungsberechtigten nicht in den Hintergrund geraten. Für sie und ihre finanzielle Absicherung im Alter ist entscheidend, dass die Einrichtungen der bAV die zugesagten Leistungen auch tatsächlich erbringen können. Es muss jedem einleuchten, dass es zu diesem Zweck gesetzliche Vorgaben geben muss. Und auch andere Vorgaben, die beispielsweise die angemessene Information der Versorgungsberechtigten gewährleisten sollen, halte ich für sinnvoll. Auch dann, wenn sie von Arbeitgebern möglicherweise als Belastung empfunden werden. Letztlich darf nicht vergessen werden, dass auch die Arbeitgeber davon profitieren, wenn sie eine betriebliche Altersversorgung einrichten.

 

Was halten Sie von den Überlegungen zu Opting-Out oder gar Obligatorium in der bAV?

Die Einführung eines Obligatoriums für die bAV würde deren Verbreitung natürlich fördern. Entscheidungen zur Altersversorgung sind aber von vielen individuellen Faktoren abhängig, so dass starke staatliche Vorgaben als nachteilig empfunden werden könnten. Ein Opting-Out könnte demgegenüber ein sinnvolles Modell sein, um einerseits die Verbreitung der bAV zu fördern, andererseits aber auch eine gewisse Entscheidungsfreiheit zu wahren. Letztlich ist das aber eine Frage, die die Politik entscheiden muss.

Was war die Motivation, die Regelungen der MaRisk VA in den Paragrafen 64a VAG zu übernehmen?

Die Risikomanagementstandards, wie sie bereits bisher nach Paragraf 64a VAG in Verbindung mit den MaRisk VA galten, werden durch den neuen Paragrafen 64a VAG weiter und insbesondere gesetzlich konkretisiert. Diese Präzisierung ist auch der neuen Strafvorschrift des Paragrafen 142 VAG geschuldet, durch den Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter strafrechtlich sanktioniert werden. Aufgrund des im Grundgesetz enthaltenen so genannten Bestimmtheitsgrundsatzes setzt dies voraus, dass die Pflichten im Einzelnen in einem Gesetz definiert sein müssen. Die Definition in einem Rundschreiben wie der MaRisk VA reicht dafür nicht aus. Daher umfasst der neue Paragraf 64a in Absatz 7 VAG einen entsprechenden Pflichtenkatalog.

 

 

Ende des ersten Teils des Interviews.

Der zweite Teil findet sich hier.

Der dritte Teil findet sich hier.

Der vierte und letzte Teil findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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