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bAV zum Anbeißen:

Deutscher bAV-Preis 2017 verliehen

Schon fast ein kleines bisschen Tradition hat die Trophäe mittlerweile. Gestern in Berlin erfolgte die bereits vierte Verleihung. Die diesjährigen Preisträger zeigen Wege auf, wie auch in Zeiten, in den üppige Zusagen der Vergangenheit angehören, bAV gleichwohl attraktiv sein kann.

 

Die Preisträger des zum vierten Male verliehenen Preises wurden am 16. Februar im Rahmen der Konferenz Zukunftsmarkt Altersvorsorge in Berlin gewürdigt. Der Deutsche bAV-Preis zeichnet Projekte der betrieblichen Altersversorgung (bAV) von Unternehmen in Deutschland aus, die eine Jury als vorbildlich eingestuft hat.

 

 

Drei erste: die Sieger

 

Auf dem Treppchen stehen dieses Jahr die Deutsche Lufthansa, Thyssen-Krupp und ECE. In der Kategorie „Großunternehmen“ ist ein gemeinsamer erster Preis vergeben worden, den die Deutsche Lufthansa und Thyssen-Krupp erhielten.

 

 

Sensibel: Deutsche Lufthansa

 

Dass ihr verhältnismäßig großvolumiges Pensionswesen für die Deutsche Lufthansa eine sensible Rolle spielt und sie diesem bereits länger besondere Aufmerksamkeit widmet, ist bekannt. Gegenwärtig überführt die Airline im Rahmen eines konzernweiten bAV-Umstellungsprojekts zunächst die Altersversorgungszusagen für ihre Führungskräfte von einem DB- auf ein neues, beitragsorientiertes DC-Modell (einige Hintergründe und auch kapitalanlageseitige Implikationen hat Walter Schmidt-Cording, Leiter Liquidität- und Risikomanagement im Konzern, jüngst in einem dpn-Round Table geschildert, der von LbAV redaktionell operiert wurde).

 

Wir haben bereits bei der Konzeptentwicklung an die Umstellung gedacht und einbezogen, was die Führungskräfte bei der Entscheidung bewegen könnte. Hierbei haben wir externe Berater hinzugezogen. Das hat sich bei der Umsetzung ausgezahlt“, erläutert Jörg Jeebe, Leiter Projekt Executive Corporate Pension bei der Deutschen Lufthansa. Anstelle der herkömmlichen Standardangebote können die Mitarbeiter nun ihre bAV flexibel an ihren individuellen Vorsorgebedarf anpassen. Von dem neuen Modell würden rund 900 Führungskräfte persönlich überzeugt, wovon sich die Lufthansa verspricht, dass dies Vorbildfunktion für weitere Mitarbeiter haben könnte.

 

Foto: Thomas Rosenthal.

 

Es ist alles andere als ein Geheimnis, dass angesichts von Niedrigzins, IAS-19-Druck und Langlebigkeit viele Konzerne intensiv am De-Risking ihrer Versorgungswerke arbeiten, wenn auch nicht so im öffentlichen Fokus wie die Lufthansa, bei der sich das Thema mit der Streikproblematik vermischt und auch noch nicht abschließend geklärt ist. Insofern sollte es nicht überraschen, wenn die Arbeit der Lufthanseaten an ihren Versorgungswerken nicht nur Vorbildcharakter bei den erwähnten 900 Führungskräften entfaltet, sondern auch bei anderen Großunternehmen.

 

 

Kommunikativ: Thyssen-Krupp

 

Auch Co-Sieger Thyssen-Krupp setzt auf flexible, individualisierbare Lösungen statt One-size-fits-all. Der Industriekonzern ersetzte ein herkömmliches bAV-Modell durch einen neuen kapitalmarktorientierten Vorsorgeplan. Die Jury betont, dass der Konzern in der bAV-Verwaltung und -kommunikation die Chancen der Digitalisierung voll ausschöpfe. „Wir haben eine bAV zum Anfassen und Ausprobieren geschaffen. Möglich wurde dies durch den Einsatz neuer Technologien und Kommunikationswege wie zum Beispiel Erklärvideos oder einem Online-Portal mit Versorgungslückenrechner“, erklärt Petra Krumsdorf, Head of Benefits & Pensions bei Thyssen-Krupp. Über eine innovative Online-Plattform können die Mitarbeiter dabei nicht nur die Höhe ihrer Eigenbeiträge und die gewünschte Auszahlungsoption anpassen; ein individueller Versorgungslückenrechner unterstützt eine treffsichere Vorsorgeplanung.

 

 

Durchdringend: ECE Projektmanagement

 

Der erste Preis in der Kategorie KMU ging an ECE Projektmanagement. Hervorzuheben war hier aus Sicht der Jury insbesondere der außergewöhnlich hohe bAV-Durchdringungsgrad. Seit der Betreiber von Einkaufszentren eine neue bAV eingeführt hat, beteiligen sich 95 Prozent der pensionsplanberechtigten Mitarbeiter mit Eigenbeiträgen am Aufbau ihrer Zusatzvorsorge.

 

Und wie erreicht man am besten hohe Durchdringung: Richtig: Opting-Out plus Matching Contribution. Dieser Mix ist – das ist leicht nachvollziehbar – für die allermeisten Arbeitnehmer unwiderstehlich, und so ist es offenbar auch bei der ECE.

 

Eine arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung ist der ECE als Familienunternehmen sehr wichtig, um die Mitarbeiter im Alter über die gesetzliche Rente hinaus abzusichern. Darüber hinaus lag uns aber auch das Thema Eigenvorsorge am Herzen. Mit unserem neuen Pensionsplan hoffen wir, den Mitarbeitern dabei zu helfen, künftig ihren Lebensstandard im Alter halten zu können“, führt Wibke Thormählen, Head of HR Policies & Labor Law bei der ECE aus.

 

Auch auf den weiteren Plätzen des Treppchens findet sich Bemerkenswertes:

 

 

Von Appgesicht zu Angesicht: Innogy

 

In der Kategorie „Großunternehmen“ belegt die RWE-Tochter Innogy den dritten Platz mit ihrer „App in die Zukunft“. Auch hier im Fokus die neuartige, digitale Kommunikation mit den Berechtigten. „Die Transformation von face-to-face-Beratung hin zu einem digitalen Beratungskonzept setzt das Unternehmen auch in der bAV meisterhaft um“, erklärt die Jury.

 

 

Akzeptiert: Eisenmann

 

Der Anlagenhersteller Eisenmann, der in der KMU-Kategorie den zweiten Platz erringt, motiviert seine Mitarbeiter zu einer eigenverantwortlichen Altersvorsorge – mit einem Pensionsplan, in den das Böblinger Unternehmen sowohl Arbeitgeberbeiträge investiert als auch die Mitarbeiterbeiträge zusätzlich aufstockt. Durch eine umfassende Kommunikation mit allen Stakeholdern erreichte das Unternehmen schon in der Entwicklungs- und Einführungsphase einen hohen Akzeptanzgrad für die neue bAV, heißt es.

 

 

Oldies but Goldies: Samson

 

Den dritten Platz in der Kategorie KMU gibt es dafür, die Stärken eines „in die Jahre gekommenen“ Pensionsplans beizubehalten und ihn gleichzeitig neu und zukunftsfähig aufzustellen. Gelungen ist das laut Jury dem Unternehmen Samson AG, einem Hersteller von Mess- und Regelungstechnik aus Frankfurt am Main. Die traditionsreiche, von den Mitarbeitern geschätzte Unterstützungskasse wurde beibehalten, der Pensionsplan jedoch auf eine einheitliche beitragsorientierte Zusage umgestellt.

 

 

Ärmel runter: die Stimmen

 

Beworben haben sich viele Unternehmen mit innovativen, durchdachten Gesamtkonzepten, die zeigen, dass bAV alles andere als langweilig ist. Flexible, für Mitarbeiter individuell anpassbare Pensionspläne, interaktive digitale Verwaltungsplattformen und eine Kommunikation, die frühzeitig Akzeptanz schafft – die Preisträger haben einiges auf die Beine gestellt, um ihren Mitarbeitern eine zukunftsfähige ergänzende Altersvorsorge zu bieten“, sagt Heribert Karch, Mitglied der Jury und Vorstandsvorsitzender der aba. Angesichts der Debatte um die bAV-Reform betont Karch: „Deutschland braucht unbedingt eine flächendeckende Verbreitung der ergänzenden kapitalgedeckten Altersvorsorge. Dabei sollte der Fokus auf dem weiteren Ausbau der bAV liegen, weil kollektive Systeme günstiger sind als individuelle Verträge.“

 

Foto: Thomas Rosenthal.

 

Während die bAV-Reform noch diskutiert wird, krempeln viele Arbeitgeber die Ärmel schon wieder runter. Sie haben – im gemeinsamen Interesse von Unternehmen und Mitarbeitern – beindruckende Pensionspläne gestaltet, wie die preisgekrönten bAV-Lösungen zeigen, obwohl sie auch mit vielen Widerständen zu kämpfen hatten“, kommentiert Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung bei Willis Towers Watson. Er kritisiert, dass im Zuge der Reformdebatte längst nicht alle bestehenden bAV-Hindernisse angepackt werden. So hatte jüngst der Bundesrat die Fundamentalkritik seiner Ausschüsse weitgehend verworfen und nur wenige Änderungsforderungen an den Regierungsentwurf gestellt. „Damit wurde die Chance verpasst, das Betriebsrentenstärkungsgesetz in einigen wesentlichen Punkten stärker an den aktuellen Bedürfnissen für das bereits bestehende bAV-System zu orientieren“, so Jasper weiter.

 

 

bAV-Preis: Die Genese

 

Mit dem Deutschen bAV-Preis soll die bAV als wesentliches Standbein der Alterssicherung für Arbeitnehmer in Deutschland gefördert und noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Im Vordergrund stehen der innovative und kreative Charakter eines bAV-Projektes sowie dessen Einklang mit der Unternehmens- und Personalstrategie, erläutern die Initiatoren.

 

Ein relevanter und umfassend bekannter Preis, der Arbeitgeber für deren herausragende Projekte in der bAV auszeichnet, existierte in Deutschland bisher nicht. Der 2013 von MCC und Willis Towers Watson initiierte Deutsche bAV-Preis schließt diese Lücke. Er soll nicht nur herausragende Unternehmensleistungen auf diesem Gebiet prämieren und Erfolge hervorheben, sondern auch zur Nachahmung ermutigen. Neben Großunternehmen werden seit 2015 auch KMU für gute bAV-Arbeit ausgezeichnet. Vor diesem Hintergrund wurde die Jury im Oktober 2015 um ein Mitglied aus dem Mittelstand erweitert.

 

Unterstützt wird dieser Vorstoß von zahlreichen Unternehmen und Organisationen, darunter Allianz, BDA und BDI, DekaBank Deutsche Girozentrale, Deutsche Asset Management, DIA, Fidelity International, Generali, KAS Bank und Metzler Asset Management. Medienpartner sind Absolut Research, Comp & Ben, dpn, Finanzwelt, Personalmagazin, Personalwirtschaft und LEITERbAV.

 

 

Sieben: die Jury

 

Der unabhängigen Jury des Deutschen bAV-Preises gehören folgende Experten an:

 

Jürgen Dahmen, MAN HR Services GmbH.

Andreas Drabert, Airbus Group.

Heribert Karch, Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., MetallRente AG.

Klaus Morgenstern, Deutsches Institut für Altersvorsorge.

Sabine Oxenknecht, SICK AG.

Thorsten Schecke, Deutsche Lufthansa AG (der hier nur für die Kategorie KMU mitentschied).

Evelyn Stoll, Volkswagen AG.

 

Hier geht es zu Berichterstattung auf LEITERbAV zu den Preisverleihungen der Jahre 2014, 2015 und 2016.

 

 

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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