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Hill vor der NAPF:

Botschaft, Glaube, Hegel

 

Jonathan Hill, britischer EU-Finanzkommissar, hatte ein Heimspiel: Vor der NAPF hielt er eine Rede in Edinburgh – und sprach über Kapitalmarktunion, IORP II und EMIR.

 

 

Jonathan Hopkin Hill, seines Zeichens Baron Hill von Oareford, Life Peer und EU-Kommissar für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Union der Kapitalmärkte und damit auch zuständig für die D 4 (ehem. H 5), sprach am 12. März in Edinburgh vor der National Association of Pension Funds NAPF, dem britischen Pendant zu deutschen aba. Unter dem Titel „Pensions, investment and Europe: the new agenda“ widmete Hill sich laut Manuskript den Herausforderungen, vor denen die Staaten der Europäischen Union bezüglich ihrer Altersvorsorge stehen. Und um die Problematik auf den Punkt zu bringen, bediente sich der Brite ausgerechnet eines prägnanten Statements aus Deutschland:

 

As Chancellor Merkel often points out, Europe has 7% of the world’s population, 20% of its GDP but 50% of its social spending.“

 

 

Kapitalmarktunion: Mehr Eigenkapital für Start-ups und KMU

 

Sodann sprach Hill über die geplante Kapitalmarktunion als Reaktion auf die (in der Tat betrübliche) Abhängigkeit der europäischen Volkswirtschaften von Fremdkapital. Und wen man in der Kommission im Auge hat, hier – ein wenig am US-Vorbild orientiert – Abhilfe zu schaffen und besonders Start-Ups und KMU mehr Eigenkapitalfinanzierung zu verschaffen, das bekräftigte auch der Brite mit schmeichelnden Worten vor der NAPF:

 

The pensions industry is the guardian of one of the biggest sources of funding in Europe. You necessarily play a crucial role in capital markets and society more widely and are increasingly important investors in the European economy. Growing occupational and private pension provision in Europe should lead to a bigger flow of funds into a wider range of investment opportunities and encourage a move towards market-based financing.“

 

Damit es dazu kommt, bedarf es allerdings der Übung der Kommission in einer ihr ureigenen Disziplin, nämlich neuer Regulierung:

 

New rules on occupational pensions which are currently under discussion could remove barriers to pension schemes investing more in long-term assets.“

 

Am Rande nahm Hill hier übrigens auch das Wort vom „29th' regime“ in den Mund, ohne allerdings konkret zu werden oder Position zu beziehen.

 

 

EIOPA: unabhängige Empfehlungen (des Kellners?)

 

Von einem britischen Kommissar, zumal wenn er sich vor der NAPF äußert, könnte man bezüglich der Regulierung von IORPs – namentlich der Pensionsfondsrichtlinie – klare Kante erwarten. Doch Hill zog es möglicherweise aus taktischen Gründen vor, unverbindlich zu bleiben, und dies auch mit Blick auf die Ambitionen der EIOPA:

 

I know that there is concern in relation to work being carried out by the EIOPA, which I am told will be concluded in the spring of 2016. EIOPA is an independent body and is free to make recommendations. As you may know, the previous Commission decided that it would not be proportionate to harmonise solvency rules for IORPs. That does not mean I am going to pre-judge whatever proposals EIOPA may make. I will examine them on their merits, bearing in mind our goal of financial stability, but also the likely impact on the wider economy, including jobs and growth.“

 

Nun, das hätte man sich knackiger wünschen können (so wie es auf nachgeordneter Kommissions-Ebene jüngst der Fall war). Andererseits: Wenn ein Brite davon spricht, dass jemand „free to make recommendations“ sei, kann man das – britische Diskussionskultur berücksichtigend – durchaus als verhältnismäßig scharfe Klarstellung verstehen, wer hier Koch und wer hier Kellner ist.

 

 

EMIR ein Jahr länger aussetzen?

 

Ohnehin hat Hill in anderer Sache schon Handlungsbereitschaft und -fähigkeit bewiesen: EMIR für IORPs. Der Kommissar erläuterte Hintergründe zur Aussetzung des Regelwerks für IORPs, und hier machte er Hoffnung auf eine Verlängerung:

 

EMIR therefore provides for a temporary exemption from the clearing obligation for pension funds until August 2015. No possible alternative solutions for the posting of non-cash assets by pension schemes have yet been found. My department is therefore planning to propose an extension of the temporary exemption by another two years. Thereafter the Commission could extend the exemption by another year, but any exemption after 2018 would require a legislative change. While it is too early to take a decision, I will be launching a review of the EMIR legislation shortly which will provide an opportunity for reflection. I agree that the ability of CCPs to manage liquidity must be balanced against the need to preserve investment practices of pension funds and I encourage you to make your views heard in that review.“

 

Immerhin hat Hill also schon zu Beginn seiner Amtszeit eine Maßnahme ergriffen, die sein Verständnis für Sorgen und Nöte von IORPs und auch eine gewisse Entschlossenheit, diese nicht nur in Sonntagsreden zu beschwören, sondern für sie einzustehen, erkennen lässt (oder um mit Hegel zu sprechen: „Die Wahrheit der Absicht ist nur die Tat selbst“).

 

Die Rede des Kommissar Hill findet sich im Wortlaut hier.

 

PS: Übrigens äußerte sich Kommissar Hill auch mit bemerkenswerten Worten zu seinem Ansatz der Regulierung und zu einer kommenden Zurückhaltung der Kommission in dieser Frage im Allgemeinen:

 

…I do not intend to launch an avalanche of new regulation. I will always keep in mind the importance of jobs and growth, the central priority of the new Commission, in thinking about regulation.

 

In fact the new structure for the Commission should help support that direction in which I am keen to travel. Instead of Commissioners working in silos, we are operating more as teams, chaired by vice-presidents. This drives a much better oversight of what the Commission is trying to do as a whole. In drawing up our legislative proposals for 2015, each Commissioner had to justify each proposal they were making in front of other Commissioners.

 

I thought this was a good process. As a result, we have cut the number of new legislative initiatives dramatically. This year we proposed a fifth – one fifth – of the past average annual number under the previous Commission. And more than two and a half times as many pieces of legislation will also be reviewed to check whether and how they are working; and more than two and a half times as many legislative proposals this year as last are being withdrawn or amended. Furthermore, in future, any new legislative proposal will have to be signed off by Frans Timmermans, the first VP in charge of Better Regulation.“

 

Hill hin, Hill her. Aber die Kommission? Weniger Regulierung? Sogar dramatisch weniger? Nun, wer unter den belesenen Lesern sich hier an der Tragödie erster Teil erinnert fühlt – die Stelle mit Botschaft, hör ich wohl, Glaube und so – der ist damit nicht allein.

 

 

 

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