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Von DB auf DC auslagern:

BOLZ < BZML

Auslagerungen, bei denen Garantien abgebildet werden müssen, sind teuer, das gilt in Zeiten des anhaltenden Niedrigzinses umso mehr. Nun kommt ein Vorstoß auf das Parkett, der hier Milderung zu schaffen sucht. Nötig ist dazu eine bestimmte Sicht auf die Dinge.

 

Der HR-Strategieberater Lurse AG hat mit seinen Partnern in dieser Sache, Fidelity und Generali, gestern in in Frankfurt ein neues Konzept einer BOLZ vorgelegt, mit dem sich die Auslagerung von DB-Pensionsverbindlichkeiten deutlich vergünstigen lassen soll.

 

Lurse AG.

Das Rente ‚n‘ Rendite getaufte Konzept ist als bilanzneutrales DC-System über Rückdeckungsversicherungen abseits der Beschränkungen des Paragrafen 3. Nr 63 EStG ausgestaltet. „Pensionslasten für Unternehmen reduzieren, Renditechancen und Wahlmöglichkeiten für die Mitarbeitersteigern“, fasst Matthias Edelmann, Managing Partner bei der Lurse AG, die Stoßrichtung der Neuentwicklung gegenüber LEITERbAV zusammen. Bis jetzt gebe es keine attraktiven Produkte am Markt, die es Unternehmen ermöglichten, Risiken auszulagern und gleichzeitig eine attraktive Rendite für die Mitarbeiter sicherzustellen, so Edelmann weiter.

 

 

Reduzierte Beitragsgarantie

 

Wie Lurse gestern erläuterte, ist die Rückdeckungsversicherung über einen Altersrententarif mit reduzierter Beitragsgarantie konzipiert, so dass das Garantieniveau in der Alterskomponente für Unternehmen und Mitarbeiter flexibel wählbar ist. Die Möglichkeit der Einbindung wählbarer Fidelity Target Funds kommt dann für die Beitragsbestandteile in Frage, die nicht für die ausgewählte Garantie benötigt werden. Dabei kann die Quote des Beitrags für die Kapitalanlage in Abhängigkeit von der Risikobereitschaft festgelegt werden. Edelmann: „Damit können Renditewahrscheinlichkeiten oberhalb der standardisierten Versicherungslösung erreicht werden.“ Dies sei insbesondere bei der Ablöse von DB-Plänen mit Neuzusage als BOLZ wichtig, um keine Verschlechterung für die Mitarbeiter zu erwirken.

 

 

Kein Gebot der Wertgleichheit

 

Grundlage von Rente ‚n‘ Rendite ist eine bestimmte Auslegung des Paragrafen 1 Abs. 2 Betriebsrentengesetz. Gemäß Wortlaut der Vorschrift liegt eine BOLZ vor, wenn „der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln“. „Ein generelles Erfordernis einer Wertgleichheit – außer natürlich bei Entgeltumwandlung – oder des Erhalts der gezahlten Beiträge wie bei der BZML ergibt sich somit nach dieser Definition nicht“, betont Edelmann.

 

Inwieweit dennoch inhaltliche Anforderungen an die BOLZ zu stellen seien, lasse das BAG in seinem Urteil vom 30. August 2016 (3 AZR 361/15) ausdrücklich offen. Mit Verweis auf die Gesetzesbegründung werde lediglich gefordert, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Finanzierungsbeitrag und der Höhe der daraus resultierenden Leistung bestehe. Daher müssten die Regelungen der Versorgungsordnung sicherstellen, dass bereits bei der Umwandlung der Beiträge in eine Anwartschaft feststehe, welche Höhe die aus Beiträgen resultierende Leistung im Versorgungsfall mindestens habe.

 

 

DC nach IAS 19

 

Die Sicht auf die Dinge (die man in analoger Form im Rahmen des Paragrafen 3. Nr. 63 EStG auch aus der „Neuen Klassik“ mancher LVU kennt) haben sich die Partner bereits vor einiger Zeit mit mehreren Stellungnahmen namhafter bAV-Juristen bestätigen lassen (Namen der Redaktion bekannt). Gemäß einer gutachterlichen Stellungnahme vom 28. Oktober 2015 zu den rechtlichen Anforderungen an eine BOLZ in Abgrenzung zur BZML und reinen Beitragszusage verlange eine BOLZ keine Mindestverzinsung. Der Zusammenhang zwischen zugesagtem Beitrag und gleichzeitig zugesagter Leistung könne durch versicherungs- oder finanzmathematische Umrechnung des Beitrags in eine Versorgungsleistung erfolgen. Diese Umrechnung könne sofort bei Abschluss der Versicherung („klassisches Versicherungsprodukt mit Garantieverzinsung“) oder erst bei Eintritt des Versorgungsfalls aus dem dann vorhandenen Versorgungskapital und den dann geltenden versicherungsmathematischen Grundlagen („fonds- bzw. wertpapiergebundene Zusage“) vorgenommen werden. Je nach Laufzeit des Versicherungsvertrages und der aktuellen Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung könne auch eine negative Verzinsung der eingezahlten Beiträge nicht ausgeschlossen werden, so das Gutachten weiter. Im Rahmen der BOLZ könne dem Mitarbeiter in einer fondsbasierten versicherungsgebundenen Versorgungszusage nur ein Anspruch auf eine am Kapitalmarkt orientierte und die über die Laufzeit der Anwartschaft tatsächlich realisierte Verzinsung zustehen. Für eine darüber hinausgehende Verzinsung, die der Arbeitgeber bzw. dessen Versorgungsträger nicht erzielt habe, fehle es an einer entsprechenden gesetzlichen Anspruchsgrundlage.

 

Lurse betont, dass mit dem Konzept keine reine Beitragszusage abgebildet werde, denn stets fließe ein Teil des Beitrages in das Garantieprodukt. „Dennoch sehen wir angesichts einer vorgesehenen Verpfändung der Rückdeckungsversicherung die Voraussetzungen an DC im Sinne von IFRS als gegeben an“, erläutert Edelmann die IAS-19-Wirkung von Rente ‚n‘ Rendite.

 

Fazit von LEITERbAV: Sollte sich diese Sicht auf das Verhältnis von BOLZ und BZML durchsetzen (die sich übrigens auch auf Auslagerungen in den Pensionsfonds übertragen ließe) und in dem neuen Konzept der Lurse materialisieren, dann wäre das nach der Liberalisierung durch den neuen Paragrafen 236 VAG erneut ein Indiz dafür, dass sich mit verhältnismäßig einfachen Stellschrauben abseits der laufenden bAV-Reform auch im bestehen System der bAV recht viel bewegen lässt.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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