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Gestern in Erfurt:

bAV mit (Versorgungs-)Charakter

Das Thema Insolvenzsicherung von Betriebsrenten ist kein triviales. Erneut musste das oberste Arbeitsgericht in einem Streitfall entscheiden. Strittig war, ob ein Übergangszuschuss eine Leistung der bAV darstellt.

 

Erhält ein ehemaliger Arbeitnehmer während der ersten sechs Monate des Rentenbezugs sein monatliches Entgelt unter Anrechnung der Betriebsrente als „Übergangszuschuss“ weiter, handelt es sich hierbei durchaus um eine Leistung der bAV, die damit auch der Insolvenzsicherung durch den PSV unterliegt. Das hat gestern der Dritte Senat des BAG in Erfurt entschieden und damit die Vorinstanz bestätigt (und parallel über drei weitere gleichgelagerte Verfahren entschieden).

 

Das Gericht erläutert kurz Fall und Entscheidung:

 

Dienstsitz des BAG in Erfurt. Foto: BAG.

Bei der früheren, inzwischen insolventen Arbeitgeberin des Klägers galt eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung eines Übergangszuschusses. Dieser sollte während der ersten sechs Monate des Rentenbezugs gezahlt werden, wenn der Versorgungsberechtigte im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der Arbeitgeberin pensioniert wird. Seit Januar 2015 bezieht der Kläger neben der gesetzlichen Rente eine Betriebsrente vom PSV. Dieser ist der Auffassung, er müsse nicht für den Übergangszuschuss eintreten, weil es sich nicht um eine Leistung der bAV handele. Es fehle am erforderlichen Versorgungszweck.

 

Der Dritte Senat des BAG hat – ebenso wie das LAG – der Klage überwiegend stattgegeben. Der Übergangszuschuss knüpft an ein vom Betriebsrentengesetz erfasstes Risiko an. Er dient nicht der Überbrückung von Zeiträumen bis zum Eintritt des Versorgungsfalls. Vielmehr bezweckt er, den Lebensstandard des Arbeitnehmers mit Eintritt in den Ruhestand zu verbessern. Damit hat der Übergangszuschuss – auch wenn er lediglich vorübergehend gewährt wird – Versorgungscharakter.“

 

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20. März 2018 – 3 AZR 277/16 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln Urteil vom 26. November 2015 – 7 Sa 534/15 –

 

Übrigens hatte der 12. Senat des BSG im Juli 2017 entschieden, dass Leistungen, die ein Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Überbrückungsfunktion und ohne vorgesehene Beendigung bei Renteneintritt zahlt, jedenfalls zunächst keine beitragspflichtigen Versorgungsbezüge sind.

 

Fragen der Insolvenzsicherung von Betriebsrenten haben das BAG in jüngster Zeit mehrfach beschäftigt. So hat der Dritte Senat im September 2016 geurteilt, dass der PSV unter Umständen auch rückständige Kapitalleistungen der bAV übernehmen muss, obwohl der Anspruch darauf über ein Jahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.

 

Und jüngst erst, Ende Februar, sollte das BAG urteilen, ob der PSV einspringen muss, wenn eine Pensionskasse die Leistungen kürzt, der zusagende Arbeitgeber aber nicht mehr existiert. Hier will das Gericht bekanntlich erst eine Meinung des EuGH einholen.

 

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